Page - 181 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181 III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist Dass das Burschenschaftswesen nicht als Monolith anzusehen sei , zählt zu den grund- legenden Imperativen , denen mein Forschungsvorhaben verpflichtet war. Die Würdi- gung der inneren Vielfältigkeit des Gegenstandes wird daher nicht auf ein einzelnes Unterkapitel beschränkt , sondern an vielen Stellen geleistet. Im folgenden Abschnitt wird die Frage nach der ideologischen Viel- oder Einfalt der Burschenschaften in Ös- terreich ins Zentrum gerückt , um sie systematisch zu anderen Aspekten burschen- schaftlicher Ideologie und Alltagspraxis ( der burschenschaftlichen Erziehung und Kon- fliktkultur , Generationenverhältnissen , Dogmatismus , dem Verhältnis von Individuum und Kollektiv u. a. m. ) in Beziehung setzen zu können. Drei Ebenen der Betrachtung  – die extra- , inter- und intrabündische  – sind dabei von Relevanz. Erstere bezeichnet die Außenansicht , also das Bild , das die Verbindungen externen BeobachterInnen darbie- ten. Diese Ebene unterliegt nur zum Teil burschenschaftlicher Kontrolle : Die Wahr- nehmung bestehender Heterogenität erfordert neben ihrer Sichtbarmachung von bur- schenschaftlicher Seite ( bzw. dem Verzicht oder Misserfolg , sie zu kaschieren ) auch eine grundsätzliche Bereitschaft aufseiten der BeobachterInnen , Differenz zur Kennt- nis zu nehmen. Die interbündische Ebene verweist auf die ( Un-)Einheitlichkeit der Ausrichtung der verschiedenen Burschenschaften , die intrabündische schließlich auf die Situation im einzelnen Bund ( Erstere steht zusammen mit der Außensicht im Vor- dergrund des vorliegenden Abschnitts , Letztere wird ausgiebiger in Abschnitt III.8.4 behandelt ). Die Ebene , auf der jeweils analytisch operiert werden soll , diktiert die an- gemessenen Quellen. So lassen sich aus den Protokollen von Dachverbandssitzungen , auf denen Einzelpersonen interagieren , dies aber als Delegierte mit inhaltlich fixier- ten Mandaten ihrer jeweiligen Verbindung tun , kaum Aussagen über die Heterogeni- tät innerhalb eines Bundes ablesen , aus den Mitteilungsblättern oder Chroniken ein- zelner Verbindungen womöglich aber sehr wohl. III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie Burschenschaftliche Quellen dokumentieren sowohl für den Verkehr zwischen Bünden als auch den innerbündischen Diskurs immer wieder Äußerungen selbstkritischen , un- dogmatischen oder von Mehrheitsmeinungen abweichenden Charakters. Es sind aller- dings zu allermeist dieselben wenigen Personen ( oder  – vgl. den Exkurs zu den Ober- österreicher Germanen im weiteren Verlauf dieses Unterabschnitts  – derselbe Bund ), die sich in wahrnehmbarer Weise einschlägig zu Wort melden. Dabei handelt es sich in aller Regel gerade nicht um geselligkeitsorientierte Burschenschafter , sondern um im