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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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kaleren“ bzw. „im Regelfall extrem konservativ“, was vor allem für die Alten Herren
gelte. Die moderaten Bundesbrüder würden bisweilen austreten , bisweilen dem Bund
aufgrund „einer gewissen Jugendromantik“ oder mit Blick auf andere Moderate ver-
bunden bleiben.449 Politische Aktionsfelder suchten sie eher jenseits der Verbindung
–
nicht umsonst hätten unzufriedene Korporierte sich ab den 1960-Jahren außerhalb der
Korporationen zu organisieren begonnen. Der RFS habe vor allem zwischen 1962 und
1969 , teilweise auch noch danach , ein Refugium für jene politisch motivierten , „pro-
gressistisch eingestellten Korporierten“ dargestellt , denen „dieses übliche Korporier-
tendasein zu eng war“.450
Das Versanden sowohl der Öffnung des RFS als auch der Reiter-Initiative markierte
das Ende der burschenschaftlichen Reformansätze in den 1960er- und 1970er-Jahren.
Es unterstreicht das grundsätzliche Vorhandensein von Reformbereitschaft unter Bur-
schenschaftern ebenso wie deren strukturelle Frustration an den Beharrungskräften
des burschenschaftlichen Mainstreams. Entwicklungen der 1980er-Jahre wie die teil-
weise Öffnung für ( oder zumindest das Interesse an ) ökologische( n ) Fragen und an-
deren Anliegen der neuen sozialen Bewegungen451 belegen zum einen ein Sensorium
für zeitaktuelle gesellschaftliche Problemlagen , offenbarten in der Art ihrer Bearbei-
tung jedoch eine der Tendenz nach stark konservative Grundierung. Auch damit wi-
derspiegelten sie einen gesamtgesellschaftlichen Trend , der allerdings ihrem Wesen
deutlich besser entsprach als die Fortschrittsstimmung der 1970er-Jahre. Dement-
sprechend sei ihnen – so ein Teutone ( „Klaus“ ) 1997 gegenüber der Jungen Freiheit –
auch jene „konservative Wende“ bzw. jenes „neue( ) Biedermeier“ zugutegekommen ,
das mancher Vertreter des völkischen Verbindungswesens in den 1990er-Jahren zu be-
merken glaubte.452
III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz
Das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft 1945 und die politischen , ökonomi-
schen und sozialen Entwicklungen der folgenden Jahrzehnte veränderten die öster-
reichische Gesellschaft in weitreichender Weise. Allein diese Veränderungen könnten
hingereicht haben , das Gesicht der Burschenschaften in Österreich grundlegend zu
verändern
– ebenso wie der dortige unablässige Generationenwechsel und der Kontakt
mit den in mancherlei Hinsicht reformierten bundesdeutschen Bünden. Das Ausblei-
449 Interviews vom 24. 2. 2010 ( Zitate ) und vom 11. 12. 2009.
450 Interview vom 11. 12. 2009.
451 Vgl. Oberösterreicher Germanen 1994 , 103 , 114 f., 122 , 133 , 135–137 und 141–143. Vgl. ferner zu ökologi-
schen sowie zu entwicklungspolitischen Fragen Gothia 1992 , 16–21 und Aldania 1994 , 209.
452 Zit. n. Junge Freiheit Nr. 8 / 1997 , 7.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619