Page - 171 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III.3 Burschenschaftliche Erziehung 171 von äußeren Einflüssen selbst noch im Altherrenstand setzte. Die Grazer Allemannen propagierten im eben zitierten Antrag etwa die Einrichtung eines Stellenvermittlungs- referates , das sicherstellen sollte , dass Burschenschafter auch im Berufsleben möglichst von anderen Burschenschaftern umgeben wären.176 Ein anderer Ansatz , um Verbindungs-externe Erfahrungen zu beschränken bzw. de- ren potenziell entfremdende Auswirkung einzuhegen , bestand in der möglichst weitrei- chenden Erfassung der Alten Herren in den Vereinigungen alter Burschenschafter ( VaB ). Diese erfassen alte Burschenschafter verschiedener Bünde nach dem Wohnsitzprinzip und ermöglichen es so , burschenschaftliches Leben auch in den Alltag jener zu inte- grieren , die als Berufstätige von ihrem Studienort abgesiedelt sind  – häufig selbst an Orten ohne eigene Hochschuleinrichtungen. Bereits in Abschnitt III.2 wurde auf Dis- kussionen um eine Verpflichtung der Alten Herren zum VaB-Beitritt eingegangen ; das „ständige( ) Kontakthalten mit Gleichgesinnten“ in der lokalen VaB sollte sicherstel- len , „daß auch im Berufsleben burschenschaftliche Positionen verteidigt werden“, wie der entsprechende Antrag des DB-Burschentages 1977 ausführte.177 III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung Zur Einleitung dieses Unterkapitels wurde bereits darauf hingewiesen , dass burschen- schaftliche Erziehung in unterschiedlichen Rahmen und in unterschiedlicher Direkt- heit vollzogen wird. Dabei lassen sich eine Primär- und eine Sekundärebene burschen- schaftlicher Erziehung unterscheiden , wobei Letztere die einleitend als ‚subtil‘ oder als ‚subliminal‘ bezeichneten pädagogischen Abläufe umfasst. Die Primärebene erstreckt sich somit auf jene Institutionen des burschenschaftlichen Lebens , bei denen der Er- ziehungszweck an oberster Stelle steht und dies auch allen Beteiligten unmittelbar ein- sichtig ist. Auf der Sekundärebene lassen sich all jene burschenschaftlichen Routinen und Vorgänge anordnen , die vordergründig einen anderen als erzieherischen Zweck ( oder diesen nur als einen neben anderen ) verfolgen. Ein Beispiel hierfür liefert der studentische Kommers : Durch gemeinsamen Gesang , Festvorträge und die Wortspen- den von Honoratioren wird dabei Ideologie vermittelt , während ein starr reglementier- ter Ablauf Tugenden wie Geduld und Disziplin schult. Dennoch gelten Kommerse in Darstellungen nach außen wie wohl auch im Bewusstsein der meisten ihrer Teilneh- mer in erster Linie als gesellige bzw. festliche Veranstaltungen.178 176 Vgl. ebd., 5 f. 177 BAK , DB 9 , B. VI., Burschentage ( a ), Arbeitsunterlagen zum DB-Burschentag 1977 , 42. 178 Das verbindungsstudentische Singen ist auch außerhalb des Kommersrahmens als sekundäre Erzie- hungsinstitution anzusehen. Trotz der ideologisch überfrachteten Texte gilt es vorderhand schlicht als Brauchtumspflege , gegebenenfalls noch als Ausdruck einer geselligen Stimmung bzw. als Mittel zur Herstellung einer solchen. Tatsächlich werden dabei Ideologeme wie das ( deutsche ) ‚Volk‘ oder solda-