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IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn
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Eugen Buchta ( Libertas ) initiierte die Notgemeinschaft der Vertriebenen in der Bundes-
republik , auch seine Bundesbrüder Willy Thanel ( ebenfalls in Deutschland ) und Karl
Kappel ( in Salzburg ) betätigten sich im Bereich sudetendeutscher Lobbyarbeit.176 In
Wien bot insbesondere die Österreichische Landsmannschaft ( ÖLM ) seit ihrer Grün-
dung als Nachfolgerin des Deutschen Schulvereins 1952 ein reges Betätigungsfeld für Bur-
schenschafter. U. a. fungierten Karl Katary ( Bruna Sudetia ) als Obmann und Helmut
Kowarik ( Aldania ) als Geschäftsführer. Viele weitere Beispiele ließen sich aufzählen.
IV.2.5 ‚Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit
Öffentlich präsent zu sein und ihre Ansichten zu popularisieren , wurde von den Bur-
schenschaften in der Zweiten Republik durchaus angestrebt. Da sie sowohl im politischen
als auch im universitären Leben nicht mehr jene Sichtbarkeit aufwiesen , die ihnen zeit
ihrer Existenz zu eigen gewesen war , waren zur Erlangung dieser Präsenz und Meinungs-
multiplikation besondere Maßnahmen vonnöten. Die Weiterleitung von Resolutionen an
Medien und die Einrichtung eines DBÖ-Pressereferats Anfang der 1960er-Jahre wurden
bereits erwähnt. Die Bereitschaft österreichischer Medien , burschenschaftlichen Positio-
nen jenseits einzelner skandalisierungsfähiger Aussagen Raum zu geben , war allerdings
bereits damals ( jedenfalls aus Sicht der Betroffenen ) wenig ausgeprägt177
– und die FPÖ
als Sprachrohr angesichts der Zweiparteiendominanz noch wenig dienlich.
Vor diesem Hintergrund kam kleinteiliger Überzeugungs- und Gegeninformations-
arbeit einige Bedeutung zu. Auf der Arbeitstagung der DBÖ 1964 , die der Erörterung
einer etwaigen Reformbedürftigkeit des Burschenschaftswesens gewidmet war , wurden
zwar keinerlei programmatische Veränderungen diskutiert , wohl aber verstärkte Be-
mühungen für notwendig befunden , eine „regere Beteiligung an öffentlichen Diskus-
sionen“ an den Tag zu legen und etwa durch Pressearbeit „die öffentliche Meinungs-
bildung zu beeinflussen“.178 „Mittels Flugblättern und Informationsständen wollen wir
auf aktuelle Probleme aufmerksam machen. Weiters werden dadurch burschenschaftli-
diesem und der NSDAP gewesen war ) auch Elste/Koschat 1998 , 298 , 304 und 310 f. ; zu Lausegger vgl.
Dvorak 1999 ( Biographisches Lexikon I/3 ), 253.
176 Vgl. Libertas 1967 , 129 f.
177 Vgl. etwa BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Bericht des DBÖ-Pressereferenten , Anhang zum Bericht des GHA ,
Anlage zur Niederschrift des DBÖ-Tags 1963 , 1. Diese Wahrnehmung wird einerseits von der geringen
medialen Resonanz auf burschenschaftliche Resolutionen gestützt , ist andererseits jedoch zumindest
für jene Bereiche unzutreffend , in denen burschenschaftliches Denken sich mit gesellschaftlich hege-
monialen Meinungen überschnitt – wie etwa in der Südtirolfrage um 1960.
178 AAG , Korrespondenzen , DBÖ , Rundschreiben und Protokolle , Protokoll des DBÖ-Tages 1964 , 5. Auch
Leserbriefe dienten diesem Zweck ( vgl. ebd. ; Libertas 1967 , 126 ; Arminenbrief , [ mutmaßlich ] Som-
mersemester 1995 , 6 ), während Selbstdarstellungsschriften des Verbandes v. a. auf die Korrektur vor-
herrschender Ansichten über die Burschenschaften in Österreich abzielten ( vgl. AVSt , DBÖ 1994 , das
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619