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V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich
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reits gefunden“.81 Auch „Scrinzi und die meisten seiner Anhänger“ wurden „( i )m Zuge
der Rechtsentwicklung der FPÖ seit 1986 ( … ) wieder in die Mutterpartei integriert“.82
Exkurs: NDP und NFA als verbindungsstudentische Projekte
Wenngleich , wie Peham festhält , „die NDP nicht gänzlich als Partei der Korporierten
bezeichnet werden kann“83 , kann ihr doch sowohl in programmatischer als auch in per-
soneller Hinsicht ein burschenschaftlicher Charakter attestiert werden. Neben Bundes-
sprecher Burger waren u. a. Rudolf Watschinger ( zeitweilig Parteiobmann ), Hans-Jörg
Humer ( Schriftführer und Vorstandsmitglied 1976 , beide Brixia Innsbruck ), Fred Dus-
wald ( Kassier und Vorstandsmitglied 1974 , Danubia München ), Herbert Fritz ( Wiener
Landessprecher , Olympia ), Hermann Woger und Erlung Kohl ( Organisationsleiter bzw.
Kassier des steirischen Landesverbandes , beide Stiria ) in wichtigen Positionen für die
Partei tätig.84 Dass die NDP burschenschaftlichen Rückhalt nicht nur bei Einzelperso-
nen , sondern in einer gewissen Breite fand , zeigen auch die Aufstellung eines Komitees
‚Waffenstudenten für Dr. Burger‘ , das Peham zufolge „maßgeblich“ Burgers Wahlkampf
für die Bundespräsidentschaft 1980 trug85 , oder der Umstand , dass der RFS sich im
Vorfeld dieser Wahl zwischen moderaten und rechtsextremen , FPÖ- und Burger-na-
hen Kräften aufrieb.86 Der Chronik der Oberösterreicher Germanen ist sowohl zu ent-
nehmen , dass Burger für seine Partei intensive Werbung vor burschenschaftlichem Pu-
81 Schiedel 2007 , 85. Das von Scrinzi arrangierte Treffen von Burger mit Haider und Kriemhild Trattnig im
Sommer 1987 versinnbildlicht die Aussöhnung der völkischen Hardliner mit der FPÖ an dieser Zäsur
der Parteigeschichte ( vgl. Bailer-Galanda/Neugebauer 1997 , 38 und 160 ). Zuvor hatten nicht zuletzt die
völkischen Korporationen , die Freiheitlichen Akademikerverbände , die Aula und der RFS als Räume der
Begegnung zwischen der FPÖ und ihren Abtrünnigen fungiert ( vgl. Neugebauer 1981b , 319 und Peham
2012 , 35 ).
82 Bailer/Neugebauer 1993a , 166 ; vgl. auch ebd., 107.
83 Peham 2012 , 35.
84 Vgl. Neugebauer 1981a , 195 f. Sämtliche genannten Kader aus Wien und Innsbruck
– Burger , Watschin-
ger , Humer , Fritz – waren zuvor im Südtiroler ‚Freiheitskampf‘ aktiv gewesen. Dasselbe gilt für Helmut
Golowitsch ( ehemals Arminia Czernowitz zu Linz ), 1979 zugleich Funktionär der NDP und der DBÖ
( ebd., 181 ), sowie für Erhard Hartung ( Brixia ), der eine Vergangenheit als NDP-Kader heute bestreitet.
85 Peham 2012 , 35. Dem Komitee gehörten u. a. Harald Eisenmenger ( Aldania ), Günther Grassner ( Arminia
Czernowitz ), Alfred Wansch ( Olympia ), Ludwig Hiedler ( Silesia ), Wolfgang Mayer ( Gothia ) und Ger-
hard Watschinger ( Brixia ) an ( ebd. ). Vgl. auch Neugebauer 1981a , 192. Auch Scrinzi konnte sich sechs
Jahre später auf ein mit Korporierten gespicktes Wahlkomitee stützen. Unter den 41 ausschließlich männ-
lichen Personen ( vgl. Bailer/Neugebauer 1993a , 164 f. ) waren mindestens neun akademische Burschen-
schafter vertreten. Aula-Geschäftsführer und Brixe Herwig Nachtmann verwaltete die Wahlkampfspen-
den ( vgl. Scrinzi 2003 , 300 ).
86 Vgl. Oberösterreicher Germanen 1994 , 92.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619