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IV. Praxis burschenschaftlicher Politik
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Darstellung der Feier als dem Andenken „des Endes des 2. Weltkrieges und aller To-
ten der beiden Weltkriege“ gewidmet konnte sich WKR-intern offenbar vorerst nicht
durchsetzen : Noch 2011 ( unter dem Vorsitz Olympias ) gedachte man laut Einladung
einmal mehr „unseren [ sic ] toten Helden“.161
Auch der burschenschaftliche „Widerstand“ gegen historische Fakten und Erkennt-
nisse der Geschichtswissenschaft ( die weiterhin als „amtliches Geschichtsbild“, „ge-
richtlich geschützte Wahrheit“ und „verordnete Verdummung“ denunziert werden ) ist
ungebrochen.162 Er äußert sich u. a. in wiederholten Versuchen , rechtsextreme Ge-
schichtsfälscher und Holocaustleugner zu Veranstaltungen einzuladen. Der britische
Star der Zunft , David Irving , referierte 1989 auf Vermittlung der Freiheitlichen Akade-
mikerverbände in Wien und Leoben „vor Burschenschaftern und Neonazis“, ein weiterer
geplanter Auftritt bei den Brixen am 9. November [ sic ] musste kurzfristig nach Bay-
ern verlegt werden ; einer erneuten Einladung der Olympen von 2005 konnte Irving auf-
grund eines aufrechten Haftbefehls nicht nachkommen.163 Auch noch in jüngster Zeit
verteidigen Burschenschafter das Wirken der ‚Revisionisten‘.164 Allerdings tritt man
in der Zurückweisung historischer Fakten , anders als am Feld der Bewertungen ( ‚Tag
der Befreiung‘ oder ‚Tag der totalen Niederlage‘ ? ), aufgrund der rechtlichen Lage we-
niger interventionistisch auf : Veranstaltungen bleiben im privaten Rahmen , publizis-
tische Aktivitäten weitgehend auf die Aula und damit auf die Bestärkung der eigenen
Stammklientel in ihrem nonkonformistischen Selbstbild beschränkt.
IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften
Die praktische ‚Grenzlandarbeit‘ , die Burschenschafter aus Österreich nach 1945 entfal-
teten , wurde bereits in Abschnitt IV.1.2 behandelt , ihrem praktischen Engagement in
Südtirol / Alto Adige ist Abschnitt IV.3 gewidmet. An dieser Stelle steht demgegenüber
jun. ( Gothia ) es – historisch für das völkische Verbindungswesen in Österreich weit zutreffender – ab-
gelehnt , „einen nationalen Widerstand zu konstruieren“ ( Aula Nr. 5 / 1973 , 6 ; vgl. zur Frage des Wider-
standes auch Kapitel II.2 ).
161 Vgl. http://www.aldania.at/nt-chron7.htm bzw. PBW , Einladung zum Totengedenken des WKR am
8. 5. 2011 ( durchgehende Kapitalisierung entf. ). 2012 bekannte sich der Sprecher des WKR , ein Lands-
mannschafter , zum Gedenken „aller Toten der beiden Weltkriege“, der Festredner und Burschenschaf-
ter Alfred Oberwandling ( Gothia ) widmete seine Ausführungen dann aber „vor allem ( den ) Unge-
rechtigkeiten , die den Sudetendeutschen und Vertriebenen widerfahren sind“; zum Abschluss erklang ,
wie üblich , das ‚Lied vom guten Kameraden‘ ( http://www.dieburschenschaften.de/Aktuelle-berichte/be-
richt/meldung/779/totengedenke1.html ). Zum Wandel des WKR-Gedenkens unter dem Gesichtspunkt
freiheitlicher Partei-Interessen vgl. http://www.stopptdierechten.at/2012/05/10/8-mai-schieflage-der-ge-
schichte ( Artikel vom 10. 8. 2012 ).
162 PBW , WKR-Flugblatt vom Oktober 2007.
163 Schiedel 2007 , 79 f.
164 Vgl. etwa Wagner 2009 , 42.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619