Page - 11 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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EINLEITUNG 9
Neu ist dieses Vergnügen keinesfalls. Seit das Computerspielen Anfang der
1980er-Jahre von den Spielhallen in die heimischen Wohnzimmer gewandert ist,
gehören Actiongames zum festen Repertoire. In den folgenden drei Jahrzehnten
hat diese populärkulturelle Praxis insbesondere im deutschsprachigen Raum für
hitzige gesellschaftliche Debatten gesorgt. Denn schon bald schossen die Spie-
ler nicht mehr wie zu Beginn auf abstrakte Pixelgebilde, sondern auf detaillierte
Repräsentationen menschlicher Körper. Insbesondere die Argumentation vieler
öffentlicher Medien, dass diverse Amokläufe an deutschen Schulen mit soge-
nannten Killerspielen in Verbindung stünden, verschärften den negativen Ein-
druck, den zahlreiche Nicht-Spieler von den entsprechenden Spielprozessen hat-
ten und haben. Eine Fülle wissenschaftlicher Literatur entstand, die ihr Interesse
auf die vermeintlich gefährlichen Wirkungen ‚gewalthaltiger Computerspiele‘
richtete. Doch fast nie wurde dabei gefragt, was genau das Vergnügen von Millio-
nen Spielern an dieser Tätigkeit ausmacht. Das ist die Forschungslücke, zu deren
Schließung die vorliegende Studie beitragen möchte.
Dafür greift sie weder auf die Mittel der Psychologie noch der Pädagogik zu-
rück, die man hinter einem solchen Vorhaben vermuten könnte, sondern auf
die der Ethnografie. Entstanden ist die vorliegende Studie im Fach Empirische
Kulturwissenschaft, das im deutschsprachigen Raum auch unter den Namen
Europäische Ethnologie, Kulturanthropologie oder Volkskunde bekannt ist und
deshalb mitunter als „Vielnamenfach“ bezeichnet wird. Als empirisch versteht
sich diese Kulturwissenschaft, weil sie ihren Schwerpunkt nicht auf theoretische
Ergebnisse legt, sondern ihre Erkenntnisse aus der direkten ethnografischen In-
teraktion mit der Fülle und Vielfalt alltäglicher Praktiken generiert.
Aus Perspektive dieses Faches kann die Frage nach dem Vergnügen an Ge-
walt im Computerspiel nicht als Warum-Frage gestellt werden – zu komplex sind
die biologischen Prägungen der Menschen, zu heterogen ihre soziokulturellen
Umfelder und zu individuell ihre Vorlieben, als dass sich allgemein bestimmen
ließe, warum eine bestimmte Tätigkeit Freude bereitet. Ethnografisch feststellen
lässt sich aber sehr wohl, dass Gewalt im Computerspiel vielen Menschen Spaß
macht. Und darauf aufbauend lässt sich fragen, wie Spieler dieses Vergnügen in
seinen verschiedenen Facetten gestalten und erleben. Die zentrale Fragestellung
der vorliegenden Arbeit lautet deshalb kurz und knapp: Welche emotionalen Er-
fahrungen machen Akteure im spielerischen Umgang mit computervermittelten
Repräsentationen physischer Gewalt?
Dass diese Frage ethnografisch gestellt und beantwortet werden soll, heißt
konkret: Anhand alltäglicher Spielprozesse und spielbezogener Praktiken wird
beobachtet, wie Spieler mit Gewalt im Computerspiel umgehen. Das unter dieser
Prämisse generierte Material dient dann als Grundlage für Interpretationen, die
ihrerseits Rückschlüsse auf die Besonderheiten der jeweils gemachten emotiona-
len Erfahrungen erlauben.
Wie die meisten ethnografischen Studien zielt auch die vorliegende dabei nicht
auf eine Reduktion der empirisch vorfindbaren Wirklichkeit. Das Vergnügen an
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364