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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL30 Um Missverständnissen vorzubeugen: Von einer mehr oder weniger gezielten Mobilisierung von Emotionen auszugehen bedeutet nicht, dass es dabei um in- tentionale Handlungen gehen muss. Auch Zillmann merkt an: „[M]ood-manage- ment theory does not stipulate that individuals need be cognizant of the reasons for their choices.“83 Zwar können diese Entscheidungen auch bewusst getroffen werden, doch: „Individuals in particular moods may simply ‚feel like doing this or that.‘ They may feel like watching comedy, listening to music, or going to see a horror movie without knowing why they do so. It is important to recognize that the theory allows for intuitive, noncerebral choices, or ‚gut reactions,‘ of this type“.84 Diese Grundannahme gilt auch für den hier angewandten praxistheoretischen Zugang, insofern dieser die Mobilisierung von Emotionen auf ein praktisches Wissen zurückführt. Scheer baut das Konzept der Emotionspraktiken in we- sentlichen Elementen auf der Praxistheorie Pierre Bourdieus auf, dessen Aus- einandersetzung mit gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen dabei aber eine Nebenrolle spielt. Zentral sind vielmehr die grundlegenden Elemente seiner Praxistheorie, insbesondere das Habitus-Konzept (vgl. Kap. 2.1.2), das trotz aller Kritik zum Inbegriff der Vorstellung eines inkorporierten Wissens geworden ist, dem Akteure in ihrer Alltagspraxis folgen und das sie zugleich permanent neu gestalten.85 Auch Emotionen sind nicht primär an explizierbare Wissensbestände gebunden, sondern gehen aus einem „embodied knowledge“86 hervor, das im All- tag bestimmte Arten und Weisen des Fühlens nahe legt, verwehrt oder eröffnet. Für die konkrete Erforschung von Vergnügen ergibt sich daraus zugleich ein entscheidendes Problem. Auch bei uns gut vertrauten Vergnügungstätigkeiten wissen wir meist nicht genau, inwiefern sie uns Freude bereiten. Wir haben ein- fach Spaß an diesem Film oder jenem Spiel, ohne die Freude daran spezifizie- ren zu können. Das Wissen um die verschiedenen Facetten eines Vergnügens bleibt implizit, und wo man es explizit zu fassen bekommt, fehlen meist adäquate sprachliche Repräsentationen unserer Gefühle – man stößt hier, wie es Carmen Weith formuliert, auf die „Grenzen des Sagbaren“.87 Aus ethnografischer Pers- pektive können wir also zwar annehmen, dass verschiedene Vergnügungstätig- Lebens – Gerhard Schulzes „Erlebnisgesellschaft“. In: Uwe Schmank/Dies. (Hg.): Soziolo- gische Gegenwartsdiagnosen I. Eine Bestandsaufnahme. Opladen 2000, S. 75-89. 83 | Zillmann: Mood Management through Communication Choices, S. 329. 84 | Ebd. 85 | Vgl. dazu insbesondere Scheer: Are Emotions a Kind of Practice, S. 199-209. 86 | Ebd., S. 209. 87 | Carmen Weith: Alb-Glück. Zur Kulturtechnik der Naturerfahrung. Tübingen 2014, S. 67. Ähnliche Konflikte mit einem „Unaussprechlichkeitstopos“ bei der Erforschung äs- thetischer Erfahrungen diskutiert Mohini Krischke-Ramaswamy: Ästhetische Erfahrungen
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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