Page - 46 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Image of the Page - 46 -
Text of the Page - 46 -
GEWALT IM
COMPUTERSPIEL44
in Computerspielen beschäftigen zu müssen. So argumentiert beispielsweise die
Ethnografin Bonnie A. Nardi, dass im von ihr untersuchten Spiel World of War-
craft (WoW), in dem beinahe jede Mission mit dem Töten zahlreicher Gegner
einhergeht, keine Gewalt, sondern ein (Wett-)Kampf (battle oder contest) zu beob-
achten sei, da die Monster in diesem Spiel „cartoonish, often silly, and in no way
terrifying or realistic“ seien.135 Während die Individualität der Wahrnehmung hier
zur Vermeidung der Gewaltdebatte dient, gehen insbesondere im deutschsprachi-
gen Raum einige AutorInnen noch weiter, indem sie diese zur positiven Umwer-
tung nutzen. So argumentiert beispielsweise Alexander Stoll:
„[Es] erfolgt für den Spieler im Spiel eine Funktionalisierung der von Außenstehenden
beobachteten ‚Gewalt‘ im Sinne einer Reduktion auf die Symbolik des Verlierens bzw.
Gewinnens, welche von negativen Konnotationen befreit ist, da sie nicht als Gewalt im
Sinne eines Täter-Opfer-Verhältnisses empfunden wird und überdies keine realen Konse-
quenzen außerhalb des Spiels nach sich zieht“.136
Ähnlich definiert Dietrich Dörner seinen Begriff der „symbolischen Gewalt“ im
Computerspiel: „Was ist ‚symbolische Gewalt‘? Eine geniale Erfindung! Man übt
Gewalt symbolisch aus, man tut so, als ob man Gewalt ausübt und hat (fast) den
Triumph, den man auch bei einer realen Gewaltausübung hätte, ohne aber die
Folgen tragen zu müssen, ohne dass die Gewaltausübung negative Folgen hat.“137
Und auch Manuel Ladas fasst als Ergebnis einer Fragebogenstudie zusammen:
„Gewalt in Computerspielen ist nach den Ergebnissen der Untersuchung für die Spieler
offenbar nur ein spannender, herausfordernder Wettkampf und ermöglicht die schadens-
freie virtuelle Simulation von Macht und Kontrolle. Sie ist weniger ein Abbild realer Gewalt
als vielmehr eine abstrakte Metapher für Wünsche und Motivationen der meist unter
25-Jährigen, männlichen Spieler – Wünsche und Motivationen wie Herausforderung, Er-
folg und Nervenkitzel.“138
135 | Bonnie A. Nardi: My Life as a Night Elf Priest. An Anthropological Account of World
of Warcraft. Ann Arbor 2010, S. 14.
136 | Alexander Stoll: „Killerspiele“ oder E-Sport. Funktionalität von Gewalt und die
Rolle des Körpers in Multiplayer-Ego-Shootern. Boizenburg 2009, hier: S. 17; vgl. auch
Alexander Stoll: Killerspiele als Sportgerät? Zur Funktionalisierung von Gewalt im eSport.
In: Heinz B. Heller/Angela Krewani/Karl Prümm (Hg.): Augenblick. Marburger Hefte zur
Medienwissenschaft 46 (2010), Sonderheft: „Killerspiele“. Beiträge zur Ästhetik virtueller
Gewalt, S. 36-53.
137 | Dietrich Dörner: „Killerspiele“ und Gewalt. O.O. o.J., S. 1-31, hier: S. 25. https://
www.uni-bamberg.de/fileadmin/ba2dp4/PDF/Killerspiele.pdf
138 | Manuel Ladas: Brutale Spiele(r)? In: Florian Rötzer (Hg.): Virtuelle Welten – reale
Gewalt. Hannover 2003, S. 26-35, hier: S. 31; vgl. auch Manuel Ladas: Brutale Spiele(r)?
Wirkung und Nutzung von Gewalt in Computerspielen. Frankfurt a.M. 2002.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364