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THEORIE UND METHODE 51
gut verschanzt hinter Eingängen das Feuer auf den vom Spieler gesteuerten Hel-
den eröffnen“, das setzt entsprechende Erklärungen voraus.160 Es ist also nicht
immer eindeutig, ab wann ein dargestellter Bewegungsablauf als eine Reprä-
sentation physischer Gewalt gelten kann. Die grafischen Darstellungen wurden
jedoch schnell konkreter und die audiovisuellen Verweise auf physische Gewalt
sind in aktuellen Spielen meist unübersehbar, und genau diese Bezüge sind der
empirisch überprüfbare Ausgangspunkt der Untersuchung. Das bedeutet aller-
dings auch, dass erst einmal irrelevant ist, ob im Spiel nun auf niedliche Comic-
Moorhühner oder auf semi-realistisch animierte Menschen geschossen wird. Von
Computerspielgewalt spreche ich immer dann, wenn audiovisuell eine absichts-
volle physische Schädigung von Menschen, Tieren oder Sachen repräsentiert wird
und mindestens ein menschlicher Akteur mit diesen Repräsentationen spielt.
2.2.3 Virtuelle Gewalt
Die angesprochenen Repräsentationen haben eine entscheidende Spezifik: Sie
sind computervermittelt. Prinzipiell ist durch einen Computer alles repräsentier-
bar, solange es sich auf einem grafischen Interface darstellen beziehungsweise
über Audioausgabegeräte vermitteln lässt: ein Buchstabe, ein Bild, der Ton eines
klassischen Instruments, und so weiter. Dass NutzerInnen mit diesen Repräsen-
tationen zugleich interagieren können, ermöglicht Praktiken wie das Schreiben,
Zeichnen oder das Erstellen von elektronischer Musik. Die Vielzahl der Möglich-
keiten ist unmittelbares Resultat der Digitalität der Datenvermittlung. Im Gegen-
satz zu analogen technischen Medien bieten binärcodebasierte digitale Medien
die Möglichkeit der fluiden Anordnung, (Re-)Kombination und interaktiven Ver-
mittlung von Daten- und Informationsströmen.
Der Computer als „die universale Maschine“161 kann dadurch auch der Simu-
lation physikalischer Prozesse dienen. Die computervermittelten Repräsentatio-
nen verschiedener Körper und Räume werden dabei mit in den Programmcode
eingeschriebenen physikalischen Gesetzen verknüpft, was eine Bewegung be-
ziehungsweise Modifikation der Repräsentationen mittels bestimmter Steuer-
eingabegeräte ermöglicht. Auch Computerspiele basieren auf diesen Prinzipien,
weshalb letztere zu einem zentralen Diskussionsgegenstand der Computerspiel-
theorie und -philosophie werden.162
160 | O.A.: Room of Doom. Raum ohne Ausweg. In: Telematch (1983), H. 4, S. 25. http://
www.kultpower.de/archiv/heft_telematch_1983-04_seite25
161 | Hartmut Winkler reflektiert auch die mit dieser Vorstellung zusammenhängen-
den Utopien und Diskurse. Ders.: Docuverse. Zur Medientheorie des Computers. Mün-
chen 2002 (PDF Ausgabe), S. 55-64, hier: S. 58. http://homepages.uni-paderborn.de/
winkler/docuv-ge.pdf
162 | Vgl. u.a. Espen Aarseth: Doors and Perception. Fiction vs. Simulation in Games. In:
History and Theory of the Arts, Literature and Technologies 9 (2007), S. 35-44; Stephan
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364