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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL90
nicht mit dem auseinander, was vor oder nach dem Spielprozess geschieht. Sie
richtet ihren Blick ausschließlich auf das, was während des Spielens oder in spiel-
bezogenen Prozessen (beispielsweise auf einer LAN-Party) passiert.
Die Studie beschäftigt sich außerdem nicht mit der Frage, warum Spieler
Vergnügen an Computerspielgewalt haben (vgl. auch Kap. 1).258 Diese Frage wür-
de sich entweder auf außerhalb des Spielprozesses angesiedelte soziokulturelle
Bedingungen oder auf evolutionsbiologisch geprägte Faktoren richten und ist
meiner Ansicht nach nicht mit ethnografischen Methoden zu beantworten. Aller-
dings trägt die vorliegende Arbeit indirekt zur Frage nach dem Warum bei, wenn
man unterstellt, dass der erste und wichtigste Grund für das Computerspielen ist,
dass es Spaß macht. Insofern die Beobachtungen verstehen helfen, was Spielern
eigentlich Freude an ludisch-virtueller Gewalt bereitet – oder praxistheoretisch
gewendet: wie Computerspielgewalt Vergnügen macht – trägt sie auch zur Beant-
wortung von Warum-Fragen bei.
Auch beschäftigt sich die Studie nicht mit Spielprozessen in Actiongames
oder Shootern abseits ihrer Nutzung für das private Vergnügen. Zwar werden
entsprechende Spiele teils auch durch militärische Akteure (insbesondere in den
Rolf F. Nohr (Hg.): Shooter. Eine Multidisziplinäre Einführung. Münster 2009, S. 183-216;
Ingrid Möller/Barbara Krahé: Fördern gewalthaltige Bildschirmspiele die Aggressions-
bereitschaft? In: Stephan Günzel u.a. (Hg.): DIGAREC Lectures 2008/09. Vorträge am
Zentrum für Computerspielforschung mit Wissenschaftsforum der Deutschen Gamestage.
Quo Vadis 2008 und 2009. Potsdam 2009, S. 60-83; und insbesondere Kunczik: Gewalt
– Medien – Sucht.
258 | Michael Kunczik und Astrid Zipfel stellen 2006 fest, dass sich neben den Wir-
kungs- nur sehr wenige Nutzungs- bzw. Motivationsstudien finden. Vgl. Kunczik/Zipfel:
Gewalt und Medien, S. 290. Bis heute hat sich daran nur wenig geändert. Aus medien-
psychologischer Perspektive vgl. aber Philipp Lehmann u.a.: Die First-Person-Shooter.
Wie Lebensstil und Nutzungsmotive die Spielweise beeinflussen. In: Thorsten Quandt/
Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hg.): Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Compu-
tergames. Wiesbaden 2009, S. 241-262. Aus medienpädagogischer Perspektive vgl. für
einige (eher punktuelle) Überlegungen zu Computerspielgewalt im Kontext einer Studie
zur Rezeption medialer Gewalt Dorothee M. Meister: Mediale Gewalt. Ihre Rezeption,
Wahrnehmung und Bewertung durch Jugendliche. Wiesbaden 2008. Die einzige mir be-
kannte kulturanthropologische Stellungnahme zu Motivationsfragen rund um Computer-
spielgewalt entstammt einem Kapitel der Monografie „Computerspiel und Lebenswelt“
von Thomas Lackner. Allerdings wird die Argumentation des Autors, dass „SpielerInnen
gewaltintensive Spiele nicht [spielen], weil sie sich an der dargestellten Gewalt erfreuen,
bzw. diese real erleben oder selbst ausüben wollen, sondern weil die Spiele eine Form
von Verarbeitungsmöglichkeiten bieten“ und so „[m]enschliche Urängste [...] visualisiert
und bekämpfbar gemacht“ werden, weder empirisch begründet noch nachvollziehbar ge-
macht. Thomas Lackner: Computerspiel und Lebenswelt. Kulturanthropologische Pers-
pektiven. Bielefeld 2014, S. 157-170, hier: S. 165.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364