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VIRTUELL-KÖRPERLICH 97
formschönen Gestaltung der Effekte. Der Fantasy-Shooter Requiem: Avenging An-
gel von 1999 beispielsweise bietet dem Spieler als von Gott gesandtem Engel im
Kampf gegen die Heerscharen des Bösen neben konventionellen Schusswaffen
die Möglichkeit, die gegnerischen Monster durch Raketenwerfer und magische
beziehungsweise „‚göttliche‘ Fähigkeiten“ ins Jenseits zu befördern, das alles in
bester Grafik und flüssiger Animation.13 Eine entsprechende Passage im Test liest
sich wie die Beschreibung einer Kunstinstallation:
„Die optisch und insbesondere animationstechnisch überzeugende Präsentation rundet
eine breit gefächerte Effektpalette ab. Raketen fliegen eine Rauchspur hinter sich her
ziehend, auf das Ziel zu und ein beachtlicher Feuerball illustriert die Explosion, bei der die
Funken durch die Luft wirbeln. Ebenso sehenswert wurden teilweise Eure ‚göttlichen‘ Fä-
higkeiten in Szene gesetzt. Die Schockwelle lässt scheinbar sogar den Monitor vibrieren,
und bei der via ‚Apocalpse‘ [sic] erzeugten, gigantischen Detonation wird der Schauplatz
kurzzeitig in gleißendes Licht getaucht. Die visuellen Möglichkeiten der Requiem-Engine
reichen bis hin zur Deformation der Polygon-Widersacher, sobald Ihr den Ärmsten mit
Hilfe des ‚Bloodboil‘-Zaubers ein gar schreckliches Ende beschert.“14
Bis heute wird das Effektrepertoire ständig erweitert, so dass immer neue Varian-
ten des Staunens möglich werden. „Ganz neu“, loben beispielsweise die TesterIn-
nen des 2013 veröffentlichten Multiplayer-Shooters Battlefield 4, „sind die M2
SLAM-Minen, die sich auch an Wänden anbringen lassen. Oder man pappt sie
direkt ans Zielfahrzeug, zündet sie aus sicherer Entfernung mit einem Raketen-
treffer und erfreut sich am resultierenden Feuerwerk – aaah, oooh!“15
In eher nahkampfbetonten Spielen, in denen beispielsweise mit Schwertern
gekämpft wird, begegnet man seltener Explosionen, Qualm und Rauch. Umso
wichtiger sind hier Treffer- und Sterbeanimationen, wobei unter anderem das
sogenannte Ragdoll-Verfahren zum Tragen kommt. Gegner sterben durch diese
dynamische Körper- und Trefferphysik nicht mehr in vorgefertigten Standard-
bewegungen, sondern es werden jeweils individuelle Bewegungen der in sich
zusammensackenden oder davongeschleuderten virtuellen Körper animiert.
Kombiniert mit vorprogrammierten Bewegungsabläufen und Effekten ergibt sich
daraus ein verdichteter sinnlicher Eindruck. Das muss nicht immer gleich mit
der völligen Zerstörung der Gegner einhergehen: „Die Wucht der eigenen Hiebe“,
sense that entertainment violence is, if anything, too realistic. Nothing could be farther
from the truth.“ Collins: Violence, S. 10.
13 | Christian Peller: Requiem: Avenging Angel. In: Power Play (1999), H. 4, S. 70-75, hier:
S. 75. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=7465
14 | Ebd.
15 | Petra Schmitz/Johannes Rohe: Mit Rumms und Routine. Battlefield 4 im Test. In:
Gamestar.de (29.10.2013). http://www.gamestar.de/spiele/battlefield-4/test/battlefiel
d_4,47443,3029485.html
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364