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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL126
Was das Ende des Videos auch zeigt: In Max Payne 3 mündet das Töten des
jeweils letzten Gegners einer Gegnergruppe in eine Art Kamerafahrt. Die Per-
spektive des Spielers löst sich von der gewohnten Avatar-Ansicht und folgt der
in Zeitlupe fliegenden Kugel bis zu ihrem Ziel (oder springt direkt zum Ziel),
wo man ihren präzisen und tödlichen Einschlag aus nächster Nähe beobachten
(und wahlweise nochmals in Superzeitlupe verlangsamen) kann. Unter der Über-
schrift „Die Animationen: Das tut beim Zuschauen wohlig weh“ kommentiert
Fabian Siegismund im Testbericht zu Max Payne 3 diesen neuen Effekt:
„Beim jeweils letzten Gegner einer Gruppe schaltet Max Payne 3 in eine besonders ci-
neastische Perspektive, in der unser Opfer wiederum in Zeitlupe von Kugeln durchsiebt
wird. Das sieht oft ganz schön spektakulär (und schmerzhaft!) aus, für glaubwürdige
Körperanimationen und Ragdoll-Verhalten sorgt die Euphoria-Engine. […] So fragwürdig
das auch klingen mag: Nach besonders schweren Passagen stellen die Zeitlupen-Sterbe-
szenen eine nicht unerhebliche Befriedigung dar, denn Max Payne 3 kann beizeiten ganz
schön fordernd werden. […] Wenn dann der letzte Spitzbube in theatralischer Zeitlupe
endlich den Löffel abgibt, entgleitet uns schon mal ein ‚Hab ich Dich endlich, Du… böser
Mann!‘.“117
Siegismund verdeutlicht hier mit selbstironischem Unterton, dass sich die beson-
ders spektakuläre Inszenierung von kampfentscheidenden Kills nahtlos in den
Prozess der Ausführung von Computerspielgewalt einfügt und dabei den Höhe-
punkt der als anspruchsvoll geltenden Tätigkeit nochmals deutlicher hervorhebt.
Die Killcam ist nicht bloß auf das vom Spieler gesteuerte Geschehen aufgesetzt,
sondern verlängert die virtuell-körperliche Erfahrung, indem sie diese in eine ef-
fektvoll inszenierte Kamerafahrt münden lässt, deren Endpunkt wiederum den
Moment des Einschlags sowie die daraus hervorgehenden Effekte betont. Durch
solche Funktionen bereichern audiovisuelle Effekte auf unterschiedliche Weisen
die jeweils gemachten virtuell-körperlichen Erfahrungen.
3.1.5 Dominanz
Virtuell-körperliche Erfahrungen haben nicht nur eine ästhetische, sondern auch
eine soziale Dimension. Ein Beispiel: Der Let’s Player Sarazar trifft in Tomb Rai-
der mit seinem Avatar Lara Croft auf einen speziellen Gegner, der ihn mit einem
kugelsicheren Schild angreift (empfohlenes Beispiel).118 Sarazar muss seinen Ava-
117 | Fabian Siegismund: Alter Hund, neue Tricks. Max Payne 3 im Test. In: Gamestar.de
(5.6.2006). http://www.gamestar.de/spiele/max-payne-3/test/max_payne_3,44752,25
68575.html
118 | Sarazar: Let’s Play Tomb Raider #038 - Das Ende einer Monarchie [FINALE] [Full-
HD] [Deutsch] (8.4.2013), 0:45-1:20. https://www.youtube.com/embed/k4Zz99UADUU?
start=45&end=80
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364