Page - 139 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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der Regel folgt auch hier auf das Dominieren von Gegnern eher ein Auslachen
derselben oder ein cooler Spruch. Auch in Multiplayer-Games sind diese kommu-
nizierenden Emotionspraktiken nicht immer direkt an die Gegner gerichtet, da
meist nur die eigenen Verbündeten im eigenen Sprachkanal sind. Man lacht zwar
den Gegner verbal aus, aber dieses Auslachen wird häufig nur von den eigenen
Verbündeten beziehungsweise Freunden gehört.
Das Gleiche gilt für die coolen Sprüche, die beispielsweise auf die Leichtigkeit
des eigenen Sieges verweisen. In einer Gruppe, mit der ich viel und regelmä-
ßig spielte, hatte sich als routinierter cooler Spruch der Ausdruck „easy snack“
durchgesetzt, der nach vielen Kills eingesetzt wurde und ähnlich wie der Begriff
„Noob“ (für „Newbie“, also „Anfänger“) darauf verwies, dass ein Gegner ein leich-
tes Opfer war, was im Gegenzug die eigene virtuell-körperliche Überlegenheit
hervorheben sollte. (FT) Aus solchen Begriffen leiteten die Spieler dann auch
Verben wie „wegsnacken“, „absnacken“ oder „snäggeln“ ab, die alle eine heitere
Leichtigkeit des Dominierens durch ludisch-virtuelle Gewalt implizieren. (FT)
Das virtuell-körperliche Dominieren eines Gegners, so viel wird hier deutlich,
wird auch in Multiplayer-Games nicht zwangsläufig für voll genommen, sondern
ist spielerisch. Genauso wird auch die soziale Funktion dieser Dominanz nicht
mit vollem Ernst genutzt, sondern um sich spielerisch in eine höhere Position zu
bringen und diesen Prozess zu genießen.
Abschließend sei erwähnt, dass die Erfahrung von Dominanz in Computer-
spielzeitschriften so gut wie keine Rolle spielt. In den öffentlichen Darstellungen
des Computerspielens scheint kein Platz zu sein für diese Facette, vermutlich weil
sie nicht der Vorstellung eines legitimen Vergnügens entspricht. Hier zeigt sich
erneut die Sensibilität von Computerspielkulturen für negativ wertende Zuschrei-
bungen, denen in öffentlichen Artikulationen meist positiv konnotierte Aspekte
entgegengehalten werden. In Anbetracht dieser Sensibilität bleibt hier nochmals
zu betonen, dass die Erfahrung von Dominanz einerseits ein nicht zu leugnen-
der Bestandteil von Spielprozessen in Actiongames ist. Andererseits darf sie aber
auch nicht überbewertet werden. Genau wie die Nicht-Anerkennung dieser Er-
fahrungsfacette wäre auch deren Hervorhebung eine unzulässige Vereinfachung.
Die Erfahrung von Dominanz ist schlicht eine von vielen Facetten des Vergnü-
gens an ludisch-virtueller Gewalt.
3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen
An den Blick auf Dominanzerfahrungen lässt sich die Frage anschließen, ob und
inwiefern das Vergnügen an der Ausübung von Computerspielgewalt mit spezifi-
schen Vorstellungen von Männlichkeit in Verbindung steht. Aus historischer Per-
spektive sind Computerspielkulturen von Beginn an überwiegend durch männ-
liche Spieler geprägt. Weibliche Spielerinnen waren nicht per se ausgeschlossen,
doch die männlichen Gamer stets die tonangebenden Akteure. Ein Aufruf in der
ersten Ausgabe der Telematch von 1983 spricht für sich: Die männlichen Leser
					
				
						Gewalt im Computerspiel
							Facetten eines Vergnügens
								
				- Title
 - Gewalt im Computerspiel
 - Subtitle
 - Facetten eines Vergnügens
 - Author
 - Christoph Bareither
 - Date
 - 2016
 - Language
 - German
 - License
 - CC BY-NC-ND 4.0
 - ISBN
 - 978-3-8394-3559-5
 - Size
 - 14.8 x 22.5 cm
 - Pages
 - 370
 - Keywords
 - Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
 - Category
 - Medien
 
Table of contents
- 1. Einleitung 7
 - 2. Theorie und Methode 15
 - 3. Virtuell-körperlich 93
 - 4. Kompetitiv und kooperativ 199
 - 5. Dramatisch und deviant 247
 - 6. Ambivalent 297
 - 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
 - Literatur und Anhang 333
 - Literatur 333
 - Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
 - Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
 - Verzeichnis der geführten Interviews 364