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VIRTUELL-KÖRPERLICH 139
gungen, die bei der Beantwortung dieser Frage helfen könnten.158 Aber auch das
in der vorliegenden Studie erhobene ethnografische Material ist dabei nur sehr
bedingt aussagekräftig. Zwar ist in vielen Spielergruppen ein Konversationsmo-
dus gängig, der sich pointiert gesprochen als ‚männliches Gehabe‘ beschreiben
lässt – manchmal ergänzt durch homophobe Witzeleien oder schwulen- und frau-
enfeindliche Sprüche159 – doch konkrete Bezüge zwischen Computerspielgewalt
und spezifischen Vorstellungen von Männlichkeit lassen sich anhand der Emo-
tionspraktiken der Spieler sehr selten erkennen. Eine Ausnahme sind allerdings
solche Emotionspraktiken, die das Vergnügen an Computerspielgewalt durch die
Bezugnahme auf männlich konnotierte Sexualakte zur Sprache bringen.
„Ficken“ und „Rapen“
Worte wie „ficken“ oder „bumsen“ werden von manchen männlichen Spielern
regelmäßig als Synonyme für die Ausübung von Computerspielgewalt verwendet.
Das kann in Form der Ankündigung von Computerspielgewalt geschehen, wenn
beispielsweise der Let’s Player Hardi im Stealth-Actionspiel Hitman: Absolution
einem computergesteuerten Gegner auflauert und meint: „Oh, den fick ich jetzt
richtig in den Arsch, Junge“,160 oder in Form der nachträglichen Unterstreichung
von Computerspielgewalt, etwa wenn einer meiner Mitspieler in Counter-Strike
einen Kill mit den Worten kommentiert: „Ich hab dich gefickt, du Noob [Neu-
ling, C.B.]!“ (FT) Genauso finden diese Artikulationen Eingang in die freudige
Erwartung eines Kills – Bolli freut sich beispielsweise bei einer guten Chance auf
einen heimlichen Angriff im Multiplayer-Modus von Battlefield 4: „Oh, die kön-
nen wir alle von hinten bumsen!“ –, oder sie fließen in Drohungen ein, wenn bei-
spielsweise ein Counter-Strike-Spieler mit Bezug auf eine spezifische Sexualpraxis
Play Anthology. Cambridge, MA/London 2006, S. 330-363; Jennifer Jenson/Suzanne de
Castell: Theorizing Gender and Digital Gameplay. Oversights, Accidents and Surprises.
In: Eludamos. Journal for Computer Game Culture 2 (2008), H. 1, S. 15-25; Pam Royse
u.a.: Women and Games. Technologies of the Gendered Self. In: New Media & Society
(2007), H. 9, S. 555-576; Arne Schröder: „We don’t want it changed, do we?“ - Gender
and Sexuatlity in Role-Playing Games. In: Eludamos. Journal for Computer Game Culture
2 (2008), H. 2, S. 241-256.
158 | Vgl. aber Jeroen Jansz: The Emotional Appeal of Violent Video Games for Adole-
scent Males. In: Communication Theory 15 (August 2005), H. 3, S. 219-241. Allerdings ist
Jansz’ an der appraisal theory orientierter emotionstheoretischer Ansatz zu weit entfernt
vom hier verfolgten praxistheoretischen Ansatz, um an die vorliegende Studie problemlos
anschlussfähig zu sein. Außerdem argumentiert Jansz ohne eigene empirische Grundla-
gen, was den meisten seiner Überlegungen einen rein hypothetischen Charakter verleiht.
159 | Vgl. dazu auch Nardi: My Life as a Night Elf Priest, S. 152-157.
160 | PietSmiet (Hardi): Let’s Play Hitman Absolution #009 [Deutsch] [HD] - Eiskalt
hingerichtet (28.11.2012), 9:45-10:10. https://www.youtube.com/embed/QicbJSjJ3Ak?
start=585&end=610
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364