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VIRTUELL-KÖRPERLICH 179
Sep, „an dir kann ich doch meine neuen Schwerter ausprobieren.“ Schon ist er
bei der Wache und mit einem einfachen Knopfdruck führt der Assassine eine
elegante Drehbewegung sowie einen Hieb auf den Gegner aus, weitere Einga-
bebefehle von Sep lassen eine gekonnte Schlagkombination folgen. „Bäm!“, ruft
Sep. „Alter Vatter, wie die [Doppelschwerter, C.B.] abgehen!“ Als der Gegner kurz
darauf tot vom Dach fliegt, schlussfolgert Sep an seine ZuschauerInnen gewandt:
„Nice, habt ihr am Anfang einmal kurz gesehen, wie er auf ihn draufgeprügelt
hat? Cooler Scheiß.“
Wie hier bestimmen Waffen häufig über den Rhythmus, die Intensität, die
Gestaltung sowie den auditiven und visuellen Effekt der Ausübung von Compu-
terspielgewalt. Aus den jeweiligen Potenzialen entstehen dann auch Vorlieben der
Spieler für die ein oder andere Waffe, die meist mit ihren Vorlieben für einen
speziellen Spielstil (vgl. Kap 3.1.4) verknüpft sind. Wer schleichen und meucheln
möchte, wählt das Messer oder den lautlosen Bogen; wer elegante Bewegungen
ausführen will, der zückt das feingeschmiedete Einhandschwert; wer den lauten
und verwegenen Angriff bevorzugt, der nimmt die Schrotflinte; wer es genießt,
kreativ oder raffiniert zu töten, der experimentiert mit tödlichen Fallen oder Ma-
gie; und wer gerne präzise spielt, greift zum Scharfschützengewehr – letzteres
machte zum Beispiel mein Mitspieler Mephisto in DayZ, mit Erfolg: „Ouhhh,
770 Meter! Schönes Gefühl!“, rief er im Sprachkanal nach einem gelungenen
Scharfschützenkill auf 770 Meter Distanz. „Schöne Waffe, punktgenau“, fügte er
fröhlich hinzu. (FT)
Neben dem bevorzugten Spielstil spielen aber auch andere Faktoren eine Rol-
le. Mein Mitspieler Milo beispielsweise killte in DayZ gerne mit „der guten alten
Lee Enfield“ (eine Art altes Armeegewehr), die für ihn einen fast nostalgischen
Wert besaß (FT); auch der Spieler Darkmoon bevorzugte aus ähnlichen Gründen
das Scharfschützengewehr M24, weil diese Waffe so „old school“ sei und man das
Gefühl habe, man sei so richtig auf einer Jagd (FT); ein Mitspieler in Battlefield
4 fand dagegen das Gewehr M89b „so richtig sexy“, denn „die hat ne gute Flug-
bahn, so mit den Bullets“ (FT); und der Let’s Player Sarazar meint, in GTA Online
sei derzeit „die Mikro-MP […] schon sehr sehr angesagt“.257
Normalerweise bevorzugt Sarazar aber eine andere Waffe. Immer wieder
greift er in seinen Let’s Play-Videos, beispielsweise in den Spielen Battlefield 3
und Tomb Raider, auf die Schrotflinte zurück. Gerade auf engem Raum sei sie
„echt praktisch. Da kann man richtig schön mit umherwuseln“258. Im gleichen
LP-Video demonstriert er das auch und tötet einen Gegner aus nächster Nähe: „So
ungefähr. Wisst ihr?“, kommentiert er seinen Kill: „So. Genau so mein ich das. Da
257 | Gronkh: GTA ONLINE [HD+] #017 - Hetzjagd! * Let’s Play GTA Online (17.10.2013),
0:20-0:30. https://www.youtube.com/embed/50S-uTAmhNE?start=20&end=30
258 | Sarazar: Let’s Play Battlefield 3 #017 [Deutsch] [Full-HD] - Ein skrupelloser Waffen-
händler (11.11.2011), 7:40-11:00. https://www.youtube.com/embed/h9ETK8XfTvU?start
=460&end=660
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364