Page - 207 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Image of the Page - 207 -
Text of the Page - 207 -
KOMPETITIV UND KOOPERATIV 205
ten, verschiedenen Schadenswerten, Fähigkeiten für kritische Treffer, Rüstungs-
werten und Magieresistenzen. Indem Spieler die Werte ihres Avatars ausbauen,
machen sie einerseits positive emotionale Erfahrungen mit der Weiterentwick-
lung und Aufrüstung ihres virtuellen Körpers (vgl. Kap. 3.3.2) – insofern die Ak-
tionspotenziale aber auch das Ergebnis der eigenen Spielleistung sind, wird der
Avatar zugleich zu einer Art Verkörperung der Spielleistung und damit auch zum
Ankerpunkt eines kompetitiven Leistungsvergleichs. Zugespitzt formuliert: Jeder
Avatar in TESO ist eine wandelnde Highscore-Tabelle.
Dieser Highscore wird vom Avatar aber nicht nur als Schmuck getragen, son-
dern wird zugleich zum Aktionspotenzial in der weiteren Ausübung ludisch-vir-
tueller Gewalt. Ein Avatar, der mehr Punkte gesammelt hat, wird zugleich stärker.
Dadurch kann ein Vergleich der Stärke des Avatars zugleich zu einem Vergleich
der bisher erreichten Leistungen werden. Das wird nirgends so deutlich, als wenn
TESO-Spieler ihre sogenannten DPS-Werte vergleichen. DPS steht für „Damage
per Second“ und der entsprechende Wert gibt Aufschluss darüber, wieviel Scha-
den ein Avatar in einem längeren Kampf durchschnittlich pro Sekunde anrichten
kann. (FT) Er berechnet sich aus den verschiedenen Attributen des Avatars, aus
den Attributen seiner Waffen, den Boni seiner verschiedenen Nahrungsmittel
und zusätzlich aus der sogenannten Skill-Rotation. Letztere meint die zirkulie-
rende Anwendung verschiedener Kampffähigkeiten – verschiedene Schläge,
Angriffskombinationen oder Kampfzauber –, die aufeinander aufbauen und
sich im Idealfall perfekt ergänzen sollen, um so den größtmöglichen Schaden
anzurichten. Während der DPS-Wert AnfängerInnen in TESO kaum ein Begriff
ist, gehört er zu den Lieblingskonversationsthemen der Vielspieler im sogenann-
ten Endgame, also unter den Spielern mit einer sehr hohen Stufe – zumindest
derjenigen, die innerhalb ihrer Gruppe die Aufgabe eines sogenannten Damage
Dealers (DDs) eingenommen haben. DDs laden sich verschiedene Plugins (also
Zusatzsoftware) herunter, um den DPS-Wert exakt auslesen zu können, und tei-
len ihn sich gegenseitig häufig mit. Nur wenn der DPS-Wert hoch genug ist, kön-
nen sie im Endgame erfolgreich an den sogenannten „Raids“ ihrer Gilde (also
anspruchsvollen, koordinierten Raubzügen in einer Spielergruppe) teilnehmen,
um besonders wertvolle Gegenstände zu ergattern. (FT)
Der Avatar als wandelnde Highscore-Tabelle ist also weit mehr als nur Zeug-
nis der eigenen Leistung. Der Highscore wird zugleich zum quantfizierten Ak-
tionspotenzial für ludisch-virtuelle Gewalt, was ihn wiederum zum prägenden
Faktor innerhalb der sozialen Dynamik von Spielergruppen macht.
4.1.2 Player versus Player
Das vorangegangene Kapitel beschrieb Prozesse, in denen Spieler ihre Leistungen
im Hinblick auf dasselbe oder zumindest ein ähnliches Ziel vergleichen. Dieses
Ziel ist meist die effektive Ausübung von Computerspielgewalt. Das Gefühl, bes-
ser zu sein, ergibt sich aus der Übertragung dieses Erfolgs in eine quantifizier-
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364