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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL224
4.2.1 Gemeinsam kämpfen
„Schutz-Zauber schwirren durch die Luft, für fast eine Minute füllt aufgeregtes Plappern
über die optimale Taktik den Team-Chat. Dann öffnet sich das riesige Steinportal - die
Zeit läuft. Am Ende der zehn Minuten muss der Altarstein in der Mitte der Karte uns gehö-
ren. Das gegnerische Team: vier Krieger, zwei Magier, zwei Heiler. Eine gute Aufstellung,
doch zu knacken. Die Heiler sind die ersten Ziele. Nur wenn die Burschen damit beschäf-
tigt sind, das eigene Leben statt das ihrer Kameraden zu retten, kann unser Team die
anderen Feinde beseitigen. Feuerbälle brausen durch die Luft, Klingen sirren, die ersten
Widersacher liegen am Boden. Doch dann fällt einer der Mönche, unsere Lebenspunkte
sinken rapide. Kyra Eisenklinge, Schwertträgerin und Aushilfsarzt, schleicht sich abseits
durch Canyons, erreicht den toten Heiler und holt ihn ins Leben zurück. Gemeinsam jagen
die beiden zum Altar. Während Kyra dem Mönch den Rücken deckt, päppelt er die Kame-
raden wieder hoch. In letzter Sekunde erobern sie den Altar. Sieg!“38
Mit diesen Worten leitet Petra Schmitz ihren Testbericht zum 2005 erschiene-
nen MMORPG Guild Wars ein.39 Beschrieben wird die Freude daran, gemeinsam
einen anspruchsvollen Sieg im Kampf gegen die Gegner zu erringen, wobei die
Betonung auf dem spielerischen Miteinander liegt. Auch im teilnehmend be-
obachteten MMORPG The Elder Scrolls Online steht genau das im Vordergrund.
Theoretisch kann man die Abenteuer im Land Tamriel auch mehr oder weniger
isoliert von anderen Spielern meistern, doch zahlreiche Spieler bevorzugen den
gemeinsamen Kampf, ganz egal ob gegen computergesteuerte Monster im PvE-
(Player versus Environment) oder im PvP-Modus (Player versus Player).
Auch ich selbst zog regelmäßig mit meinen vier Mitspielern Tommy, MauMau,
Aruto und Julia in einer kleinen Kampftruppe durch die virtuelle Umgebung von
TESO und besiegte Computergegner oder andere Spieler. Kennengelernt hatten
wir uns durch eine Mitspielersuche, bei der Spieler über die Chatfunktion nach
MitstreiterInnen suchen, beispielsweise wenn sie eine für vier Spieler ausgerich-
tete Aufgabe meistern wollen, selbst aber nur zu dritt sind – genau das war bei
Tommy, MauMau und Aruto eines Tages der Fall. Ich meldete mich im Chat und
traf die drei in einer sogenannten „Ini“, eine Kurzbezeichnung für eine „Dun-
geon-Instanz“, bei der sich vier (oder in späteren Stufen 12) Spieler gemeinsam
durch ein Höhlengewölbe voller computergesteuerter Monster kämpfen. (FT) Da-
bei müssen jeweils verschiedene Bosse, also besonders starke Gegner, „gelegt“
werden, wie man sagt, was taktisches Geschick, Know-how und Zusammenarbeit
aller Beteiligten erfordert. (FT) Meine drei Mitspieler waren ebenfalls deutsch-
38 | Petra Schmitz: Guild Wars im Test. Tolles Online-Rollenspiel ohne Grundgebühr. In:
Gamestar.de (12.6.2005). http://www.gamestar.de/spiele/guild-wars/test/guild_wars,3
3439,1453979.html
39 | Für eine ausführliche Ethnografie der Spielkultur dieses Spiels vgl. Taylor: Play bet-
ween Worlds.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364