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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL226
Bei unseren gemeinsamen Anstrengungen ging es vor allem darum „die He-
rausforderung im Team, in der Gruppe zu bestehen“, wie es Aruto im Interview
formuliert. (IV7) Wir wollten zusammenhalten und freuten uns über die Ergeb-
nisse dieser sozialen Bindung. Auch andere Spieler in MMORPGs oder in Spielen
wie DayZ machen diese Erfahrung. Der Spieler Pumba kommentiert zu DayZ:
„So wie bei jedem Online-Spiel, das man halt mit mehreren zusammen spielt, ist
halt das Gefühl toll: Man hat zusammen was geschafft, es hat funktioniert, man
hat sich ein Ziel gesetzt und das hat alles wunderbar geklappt.“ (IV5)
Erfahrungen teilen
Manche dieser Erfolge ragen aus der Masse heraus. Nachdem wir höhere Avatar-
stufen erreicht hatten, entschied sich meine kleine TESO-Gruppe, im PvP-Modus
des Spiels in den Kampf gegen menschliche Gegner zu ziehen. Teils mehrere
hundert Spieler kämpfen hier gleichzeitig für drei unterschiedliche Fraktionen
in einem großen Gebiet darum, die Burgen der Gegner und verschiedene Außen-
posten einzunehmen, indem sie alle dort stehenden Feinde besiegen und Flaggen
erobern. Dabei verteilen sich die Avatare auf verschiedene Schauplätze, an denen
mal riesige Schlachten, mal kleinere Scharmützel ausgetragen werden.
Als Tommy, MauMau und ich eines Tages mit unseren Avataren in der Nähe
eines unserer Außenposten herumlungerten, griff plötzlich eine gegnerische
Übermacht aus über zehn Spielern an. Wir versteckten uns vorsorglich, bis wir
entschieden, uns einfach todesmutig unter die Gegner zu stürzen und notfalls zu
„wipen“ (eine Abwandlung des englischen „wipeout“, meint hier: ausgelöscht zu
werden). Ich selbst hatte meine „Ulti“ (eine besonders starke Zauberfähigkeit) auf-
geladen, mit der ich uns für einige Sekunden mit einem magischen Schild um-
geben konnte. Auf diese Weise geschützt „chargeten“ (abgeleitet vom englischen
Verb „to charge“ für „angreifen“) wir frontal auf die gegnerische Übermacht zu:
Tommy steckte als Tank den Schaden ein und hielt die Gegner mit magischen
Krallen fest, ich selbst wirkte flächendeckende Angriffszauber und MauMau
tänzelte als Bogenschütze um die verwirrten Gegner herum und belegte sie mit
einem Fluch, der ihnen ihre Zauberkräfte raubte, bis wir – zu unserer großen
Überraschung – plötzlich alle Gegner vernichtet hatten, während unsere Avatare
alle noch am Leben waren. „Ey, ist das jetzt wirklich grade passiert?“, staunten
wir im Sprachkanal. Dann brachen wir in Jubel aus. „Episch! Episch! Episch!“,
rief MauMau – ein für MMORPG-Spieler gängiges Adjektiv für die Bezeichnung
der höchsten Superlative und zugleich im Sinne eines epischen Ereignisses ein
Verweis auf die Erinnerungswürdigkeit dieser Aktion. (FT)
Tatsächlich nennt Tommy, als ich ihn und MauMau später im Gruppeninter-
view ganz unspezifisch nach einer für sie erinnerungswürdigen Geschichte aus
unserer gemeinsamen Spielzeit frage, genau diese Situation: „Ja, wie wir drei ein-
mal das Holzfällerlager [den Außenposten, C.B.] gegen eine schiere Übermacht
allein durch Überraschung gewonnen haben. Das war natürlich ein sehr sehr
schöner Moment.“ (IV23) „Es war eine Yolo-Aktion!“, kommentiert MauMau, der
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364