Page - 233 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Image of the Page - 233 -
Text of the Page - 233 -
KOMPETITIV UND KOOPERATIV 231
Gebieten Tamriels nach den richtigen (teils sehr seltenen) Pflanzen und sogar
nach besonders klarem Wasser suchen. Aruto kommentiert: „Das ist halt dein Bei-
trag!“ Und genauso, ergänzt Julia, leistet diesen Beitrag jeder von uns: „Ich [kann]
euch die Glyphen machen, Tommy kann schwere Rüstung machen und Bögen
und Stäbe und so, und jeder trägt halt seinen Teil dazu bei, dass wir alle besser
werden.“ (IV7)
Auch das Schenken von virtuellen Dingen ist eine Möglichkeit, die gemein-
samen Erfolge und die daran geknüpften Erfahrungen zu teilen. Auf diese Weise
werden die Praktiken des Produzierens und Verschenkens zu integralen Bestand-
teilen des Vergnügens am gemeinsamen Kämpfen. Sie erweitern das Aktionspo-
tenzial der Gruppe und schaffen die Möglichkeit, sich neuen Herausforderungen
zu stellen und neue Erfolge feiern zu können.
Hilfe in der Not
In TESO kann man die erworbenen Gegenstände, wenn man sie nicht selbst ver-
braucht oder verschenkt, nicht verlieren. Sie können einem nicht geraubt oder
genommen werden. In DayZ ist dagegen genau das möglich, weshalb viele Spieler
ihre Zeit damit verbringen, als sogenannte „Bandits“ andere Spieler zu überfal-
len, zu töten und ihre Gegenstände zu rauben. (FT) Die Funktion von Spieler-
gruppen in DayZ besteht angesichts dieser permanenten Bedrohung durch ande-
re Spieler auch darin, sich gegen solche Angriffe zu verteidigen. Stirbt ein Avatar,
dann bleibt das von ihm bisher gesammelte Loot an seiner Leiche liegen. Dort
kann es der siegreiche Spieler aufsammeln – es sei denn, befreundete Mitspieler
besiegen oder vertreiben wiederum den Angreifer und bewachen die Leiche, bis
der getötete Spieler neu gespawnt ist und sich (was nicht selten über zwanzig Mi-
nuten dauert) zurück zur Leiche seines vorherigen Avatars begeben hat, um sein
eigenes Loot wieder aufzusammeln.
Da der Besitz virtueller Dinge auf diese Weise permanent bedroht ist, entsteht
die Möglichkeit, anderen durch Hilfe und Schutz die eigene Zuneigung, Loyalität
oder Freundschaft zu demonstrieren. Das Helfen in einer virtuellen Bedrohungs-
situation ist in diesem Sinne auch eine kommunikative Emotionspraxis, die zu-
gleich positiv gedeutete Erfahrungen beim Helfenden und Hilfesuchenden mo-
bilisieren kann. Computerspielgewalt ist deshalb entscheidend für diesen Aspekt,
da erst sie ein Bedrohungsszenario entstehen lässt, innerhalb derer akute Hilfe
notwendig und damit bedeutungsvoll wird. Das gilt besonders im Kampf Spieler
gegen Spieler. In DayZ mag ein Freund verwundet und mit wertvollen Waffen
im Gepäck im Wald liegen, oder schlimmer noch: Das eigene Lager wird ange-
griffen und der Lohn wochenlangen Lootens ist bedroht. Der Wunsch, in solchen
Situationen zu helfen, kann so stark sein, dass Spieler sich lange Zeit nicht aus
dem Spiel ausloggen, obwohl sie eigentlich offline etwas zu tun hätten. Denn, so
formuliert es Manny im Interview: „Du kannst die Leute jetzt auch nicht hängen
lassen.“ (IV12) Gelegentlich werden Spieler auch per Telefon oder WhatsApp infor-
miert, damit sie sich – etwa wie Maxo mit den Worten: „Ey, wir können unseren
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364