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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL234
„voll geil diese folge!!! *.* [staunendes Emoticon, C.B.] Ich muss echt sagen: Danke
Currywurst :)“
„altaaa currywurst wird hier richtig berühmt :D“44
Klar wird hier, dass man sich innerhalb von Spielergruppen durch Hilfe in der
Not die Anerkennung der Anderen verschaffen kann. Die Praxis des Helfens ist
abhängig von Computerspielgewalt, da sie ihre Funktion und damit ihr Emotions-
potenzial erst innerhalb einer virtuell-körperlichen Bedrohungssituation erhält.
Das Gleiche gilt in MMORPGs wie TESO. Hier gibt es die Avatarklasse der
Heiler, die speziell auf diese Art des Helfens ausgerichtet ist. Julia beispielsweise
spielte (neben anderen Avataren) eine Heilerin. Wenn unter ihren männlichen
Mitspielern im Kampf manchmal Hektik ausbrach, pflegte sie immer mit ruhiger
Stimme zu sagen: „Ich bin ja da, Jungs, keine Sorge.“ (FT) Im Interview verweist
sie auf die „Verantwortung“, die diese Rolle mit sich bringt. (IV7) Auch Limaneel,
der gerne Heiler spielt, meint im Interview: „Diese Verantwortung, die Gruppe
am Leben zu halten, das ist das, was mich immer am meisten gereizt hat.“ (IV11)
Und wenn man seinen Job gut mache, so die verschiedenen Heiler im Interview,
mache das einen auch stolz. Für sie ist es ein gutes Gefühl, in Anbetracht der
durch Computerspielgewalt entstehenden Bedrohungssituation gebraucht zu wer-
den. „Vorhin kam ich online ins Teamspeak [den Sprachkanal, C.B.]“, erzählt die
Heilerin Miralla, „dann hieß es direkt: ‚Oh Miralla, willst du mitkommen? Du
willst bestimmt mitkommen in die eine Ini und uns heilen, oder?‘ Und da hab
ich mir gedacht: ‚Oh schön, die brauchen einen Heiler, dann komm ich gerne mit,
wenn die mich brauchen.‘“ (IV9)
Mirallas Freund Kwin, mit dem sie gemeinsam online spielt, übernimmt
innerhalb von Spielergruppen meist die Rolle eines schwer gepanzerten Tanks.
Auch der Tank ist nicht auf die Ausübung von Computerspielgewalt ausgelegt. Er
soll die anderen beschützen und für sie den Schaden einstecken. Auch das ist eine
Form der Hilfe. Kwin erklärt:
„Ich guck dann auch, wenn ich in der Gruppe unterwegs bin auch, dass keinem was pas-
siert. Ich versuch dann mehr, die Aufmerksamkeit der Monster auf mich zu ziehen, weil ich
sag mir, ich weiß ja, wie ich kämpfen kann oder sonstwas, ich weiß, was ich drauf habe
oder mehr oder weniger, wieviel ich aushalte. Und da will ich halt nicht, dass irgendje-
mand anderem was passiert oder so. Lieber mir als jemand anderem, weil ich denk halt
– so bin ich aber auch RL [im Real Life, C.B.] gepolt – so mehr gucken, dass – egal was
mir passiert – solange es den anderen gut geht.“ (IV9)
So werden gerade das Beschützen vor ludisch-virtueller Gewalt oder das Helfen
im Moment ihrer Widerfahrnis zu Praktiken, durch die Spieler sich Anerken-
nung und Stolz erwerben. In dieser Funktion fließen sie nahtlos in den Prozess
44 | Vgl. https://www.youtube.com/all_comments?v=cZYBb3JcIbg
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364