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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL236
„Imagine, then, a large circle within which are smaller circles, none entirely concentric
but rather distributed unevenly within the given space. The large circle is the overarching
emotional community, tied together by fundamental assumptions, values, goals, fee-
ling rules, and accepted modes of expression. The smaller circles represent subordinate
emotional communities, partaking in the larger one and revealing its possibilities and its
limitations. They too may be subdivided. At the same time, other large circles may exist,
either entirely isolated from or intersecting with the first at one or more points.“49
Spielergruppen in diesem Sinne als lose, sich ständig wandelnde aber durch ihre
geteilten Arten und Weisen des Fühlens doch persistente emotional communities
zu verstehen, lässt sich auch mit dem dieser Studie zugrundeliegenden emoti-
onspraxistheoretischen Ansatz vereinbaren. Es gilt dann zu fragen, inwiefern
sich Emotionspraktiken innerhalb von Spielergruppen auf die gegenseitige Mo-
bilisierung und Regulierung von Emotionen, die gemeinsame Herausbildung
emotionaler Normen und insbesondere auf die kommunikative Mitteilung von
emotionalen Erfahrungen ausrichten.
Prahlerei und Lob
Als kommunzierende Emotionspraxis besonders auffallend ist erstens die Arti-
kulation von Stolz über eigene Kampfleistungen, mit einem anderen Wort: das
Prahlen. Die Audiosprachkanäle in Online-Games sind voll davon. Das Spielen
von Counter-Strike beispielsweise wird ganz routiniert von Ausrufen begleitet wie:
„Boom Alter, hast du gesehen wie ich den fertig gemacht hab?“; „Ja, haha, hast
du das gesehen? Da hat die Maus gezuckt und auf’n Kopp!“; „Ich hab mit der Au-
tosniper [Scharfschützengewehr, C.B.] so krass geruled [dominiert, C.B.], Mann
– bäm bäm! Hättest du sehen müssen.“; „Ich bin so ein Tier ey!“; „War doch ein
genialer Headshot, oder? Also ich fand den ganz geil.“; „Alter, im Moment hab
ich so die harten Moves mit der AWP [Scharfschützengewehr, C.B.] drauf! Immer
hundertachtzig Grad und Headshot!“ (FT)
Während sich in diesen Beispielen die Prahlereien eher auf kurzfristige vir-
tuell-körperlich gekonnt ausgeführte Aktionen beziehen, geht es beim Prahlen
in TESO auch mal um die Beschreibung ganzer Schlachten, etwa wenn man wie
MauMau im PvP bei der Verteidung einer Burg zahllose Gegner vernichtet hat
und im Sprachkanal staunt: „Boah! Hab ich viele Leute getötet, bevor diese Burg
gefallen ist! Bestimmt hab ich hundert Leute getötet!“ (FT) Am komplexesten fällt
diese Praxis in DayZ aus, da die große Entscheidungsfreiheit innerhalb des Spiels
sehr unterschiedliche Arten von Konflikten und Kämpfen ermöglicht. Spieler ver-
bringen viel Zeit damit, andere über solche Kämpfe zu informieren oder sich ge-
meinsam daran zurückzuerinnern. Dabei kommen nicht selten auch die eigenen
Leistungen zur Sprache. Barry beispielsweise freute sich eines Tages, dass er ganz
alleine, nur mit einer einfachen Pistole bewaffnet, drei Gegner nacheinander ge-
49 | Ebd., S. 24.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364