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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL262 Mit anderen Worten: Das geschehene Unrecht und der Bruch der bestehenden Ordnung hinterlässt ein Spannungsfeld, innerhalb dessen die Ausübung von Ge- gengewalt als Wiederherstellung der Ordnung und damit als eine Gerechtigkeit übende Tätigkeit fungieren kann. „Pointiert gesprochen ist der Robespierre-Af- fekt Rache in moralischem Gewand“, fügt Grimm an.34 Dabei hebt er hervor, dass dieser Prozess bei der Filmrezeption nicht von der Detailliertheit oder Drastik der Gewaltdarstellung abhängig ist, sondern sich aus der narrativen Struktur des jeweiligen Angebots speist: „Der Robespierre-Affekt ist nicht an bestimmte Bildqualitäten wie etwa blutüberströmte Gewaltopfer gebunden, sondern abhängig von der Einbettung der Gewaltdarstellung in den narrativen und dramaturgischen Kontext. Entscheidend für das Auftreten des Robe- spierre-Affekts ist, dass der Film – dramaturgisch defizitär – eine Lösung der Opferfrage verweigert bzw. keine überzeugende Lösung anbietet.“35 Auch in Actiongames werden Erzählungen von der Widerfahrnis ungerechter Gewalt häufig so eingebettet, dass sie die von Grimm beschriebenen Prozesse anstoßen. Im Unterschied zum Film sind Spieler aber nicht darauf angewiesen, auf die Schließung der offenen „Gewaltspirale“ (s.o.) zu warten, sondern sie kön- nen diesen Prozess durch die virtuell-körperliche Ausübung von Computerspiel- gewalt selbst vollziehen. In Let’s Play-Videos lassen sich kommunikative Emotionspraktiken beob- achten, die die Besonderheiten dieses Prozesses zur Sprache bringen. Sie zeigen erstens, dass die Widerfahrnis ungerechter virtueller Gewalt die Spieler auch narrativ zur Ausübung von virtueller Gegengewalt motivieren kann. Die Akteure spielen dann das Spiel nicht einfach zu Ende, um eben irgendwie zu gewinnen, sondern weil das ihnen angetane Unrecht zur emotionalen Triebfeder wird. Als Sarazar beispielsweise in seiner LP-Reihe zu Battlefield 3 nach zahlreichen Kämp- fen mit einem zweiten Avatar an der Stelle ankommt, an der sein ehemaliger Ava- tar Miller exekutiert wurde (s.o.), kommentiert er: „Jetzt erledigen wir den Rest und beenden das Ganze. Rache für Miller!“36 Der Let’s Player Gronkh merkt sei- nerseits beispielsweise gegen Ende der LP-Reihe zu GTA5 fast beiläufig an, dass ein Antagonist, der die Familie seines Avatars in Gefahr gebracht hatte, „auf jeden Fall noch draufgehen“ müsse.37 Der Let’s Player Hardi wiederum plant die Rache für widerfahrenes Unrecht schon im Voraus. Als in der LP-Reihe zu Hitman: Ab- 34 | Ebd. [H.i.O.] 35 | Ebd., S. 27. 36 | Sarazar: Let’s Play Battlefield 3 #012 [Deutsch] [Full-HD] - Durch die Nacht (6.11. 2011), 15:00-15:24. https://www.youtube.com/embed/vXVbQ8cUYA8?start=900&end= 924 37 | Gronkh: GTA V (GTA 5) [HD+] #102 - JESUS!! * Let’s Play GTA 5 (GTA V) (26.12.2013), 5:05-5:15. https://www.youtube.com/embed/sPAzXiudrmY?start=305&end=315
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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