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6. Ambivalent
6.1 ABLEHNEN, RECHTFERTIGEN, GENIESSEN
Abschließend soll eine Erfahrungsfacette erkundet werden, die einen Sondersta-
tus neben den anderen einnimmt, da sie einerseits nicht im engen Sinne zum
Vergnügen an Computerspielgewalt gehört, sich andererseits aber auch nicht von
diesem Vergnügen trennen lässt. Insbesondere die im letzten Kapitel beschriebe-
nen, devianten emotionalen Erfahrungen streifen immer wieder solche Momen-
te, in denen das Vergnügen plötzlich unvergnüglich wird, in denen sich Zweifel
und ein schlechtes Gewissen in Bezug auf die Ausübung von Computerspielge-
walt andeuten. Während solche Momente in den Beispielen des vorangegangenen
Kapitels letztlich immer als lustig gedeutet werden, wachsen sie in anderen Si-
tuationen zu unerwartet negativ gedeuteten Erfahrungen heran. Zuerst wird ein
Blick auf die historische Entwicklung dieser nicht-vergnüglichen Erfahrungen
im Prozess des Vergnügens geworfen, anschließend wird untersucht, wie Spieler
heute mit ihnen umgehen.
6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz
Anfang der 1980er-Jahre herrschte unter ComputerspieljournalistInnen alles
andere als Konsens in Bezug auf die Frage, wie öffentlich mit Computerspielge-
walt umzugehen sei. Schon damals kamen erste Spiele auf den Markt, in denen
explizit das Töten von Menschen (damals noch recht abstrakte Pixelgebilde) re-
präsentiert wurde. Für manche der AutorInnen war damit bereits eine Grenze
überschritten. Seinen Test zum Spiel Gangster Alley von 1984 betitelt Helge An-
dersen beispielsweise mit dem Ausruf: „Eine Unverschämtheit!“1 Es sei „[k]aum
zu glauben, aber wahr!“, dass dieses Spiel zum Töten von auf dem Bildschirm auf-
tauchenden Gangstern auffordere und man als Spieler für das versehentliche Kil-
len von Zivilisten nur eine Geldstrafe von 1000 Dollar bekomme.2 „Und um das
1 | Helge Andersen: Gangster Alley. Eine Unverschämtheit. In: Telematch (1983), 4+5,
S. 20-21. http://www.kultpower.de/archiv/heft_telematch_1983-03_seite20
2 | Ebd., S. 21.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364