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AMBIVALENT 303
Netz auf seinen besten Kumpel, mit brachialer Gewalt wird der Fundort einer fetten Waffe
verteidigt. Aber keine Bange: Nach dem mörderischen Doom-Gefecht werden aus den
meuchelnden Serienkillern wieder friedliche Gesellen, die keiner Fliege was zuleide tun.“22
Das Vergnügen an Computerspielgewalt wird hier mit hörbarer Lust und Em-
phase zum Ausdruck gebracht. Spätestens ab Mitte der 1990er-Jahre setzt sich
diese Art der positiven Deutung als legitime Möglichkeit durch. Das zeigt sich
auch daran, dass regelmäßig vergnügliche, lockere und humorvolle Kommenta-
re in Zusammenhang mit Computerspielgewalt gemacht werden, etwa zum auf
Doom folgenden Ego-Shooter Heretic von 1995 mit einem Reim: „Ob Netzwerk
oder Einzelspiel, Monster rösten wir heut’ viel“;23 oder zum Ego-Shooter Duke
Nukem 3D von 1996 mit dem Verweis auf eine bekannte TV-Sendung: „Hart, aber
herzlich: ‚Duke Nukem 3D‘ ballert sich munter durch abwechslungsreiche 3D-
Level und sorgt für frischen Wind im Actiongenre.“24 Ab dieser Zeit ist es auch
möglich, beispielsweise die Abbildung eines Scharfschützengewehrs mit dem
augenzwinkernden Kommentar zu untertiteln: „Des Killers liebstes Kind: Die
Sniper-Rifle.“25 Kurzum: Das Vergnügen an Computerspielgewalt wird spätestens
ab Mitte der 1990er-Jahre nicht nur akzeptiert, sondern im Diskurs der Compu-
terspielzeitschriften immer häufiger als etwas dezidiert Positives vermittelt.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird dann schließlich auch eine der ehemals
besonders tief verankerten Gefühlsregeln überwunden: die Unmöglichkeit, Spaß
an semi-realistischen Kriegsszenarien zu haben. Dass tatsächlich stattgefundene
oder noch stattfindende Kriege als Szenarien für Ego-Shooter dienen, stört nun
kaum jemanden mehr, im Gegenteil: „Endlich bin ich als Spieler mittendrin statt
nur dabei“, schwärmt Patrick Hartmann im Test zu Battlefield 1942 von 2002:
„Die gewaltigen Schlachten nehmen teils epische Ausmaße an und verbreiten das
Gefühl, in einem Hollywood-Film à la Soldat James Ryan mitzuspielen.“26 Spä-
testens seit dem Erscheinen des sehr populären Actionspiels Call of Duty: Modern
Warfare 2007 begeistern sich viele Spieler auch für zeitgenössische Kriegsszena-
rien: „Wir können gar nicht anders“, so die Testerin Petra Schmitz, „als ehrlicher-
22 | Weitz/Hengst: Doom.
23 | Lenhardt/Langer: Heretic, hier: S. 54. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id
=6210
24 | Florian Stangl: Duke Nukem 3D (Shareware). In: PC Player (1996), H. 3, S. 46-47,
hier: S. 46. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=5897
25 | Robert Zengerle: GoldenEye 007. In: Video Games (1996), H. 10, S. 84-85, hier: S.
84. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=7711
26 | Patrick Hartmann: Grandioser Multiplayer-Shooter im 2. Weltkrieg. Battlefield 1942
im Test. In: Gamestar.de (1.10.2002). http://www.gamestar.de/spiele/battlefield-1942/
test/battlefield_1942,37458,1338963.html
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364