Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geisteswissenschaften
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
Page - 128 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 128 - in Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts

Image of the Page - 128 -

Image of the Page - 128 - in Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts

Text of the Page - 128 -

128 Teil I: Grundlegung der die Fragestellungen der anderen vorstrukturiert, indem seine Ergebnisse den Rahmen sĂ€mtlicher Aktionen und Interaktionen des Romanpersonals abstecken und auf deren Interpretation mit unterschiedlichen Konsequenzen einwirken. Sodann (II.2.) werden zum einen das Erbe, der Erwerb und die Akkumulation der verschiedenen Kapitalsorten durch die einzelnen Romanfi- guren rekonstruiert150, zum anderen die Herausbildung und Wirksamkeit ihrer unterschiedlichen individuellen Habitus.151 Im letzten Abschnitt des Hauptteils der kulturellen Produktion vgl. Bourdieu : Das intellektuelle Feld ; ders.: Die Regeln der Kunst, S. 340–445. Zu dem im Roman dargestellten fiktionalen Macht-Feld vgl. ebd., S. 22–31 ; mehr dazu unten im Kap. II.1.3. 150 Vgl. Bourdieu : Ökonomisches Kapital – Kulturelles Kapital – Soziales Kapital : „Kapital ist akkumulierte Arbeit, entweder in Form von Material oder in verinnerlichter, ‚inkorporierter‘ Form.“ (S. 49) Es „kann auf drei grundlegende Arten auftreten [
] : Das ökonomische Kapital ist unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisie- rung in der Form des Eigentumsrechts ; das kulturelle Kapital ist unter bestimmten Vorausset- zungen in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisie- rung in Form von schulischen Titeln ; das soziale Kapital, das Kapital an sozialen Verpflichtun- gen oder ‚Beziehungen‘, ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in ökonomisches Ka- pital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von Adelstiteln.“ (S. 52 f.) Daneben existiert noch die universelle Form des symbolischen Kapitals, das ganz allgemein als gesellschaftliche Anerkennung verstanden wird. Das kulturelle Kapital nun kann seinerseits „in drei Formen existieren : (1.) in verinnerlichtem, inkorporiertem Zustand, in Form von dauerhaften Dispositionen des Organismus, (2.) in objektiviertem Zustand, in Form von kul- turellen GĂŒtern, Bildern, BĂŒchern, Lexika, Instrumenten oder Maschinen, in denen bestimmte Theorien und deren Kritiken, Problematiken usw. Spuren hinterlassen oder sich verwirklicht haben, und schließlich (3.) in institutionalisiertem Zustand, einer Form von Objektivation, die deswegen gesondert behandelt werden muß, weil sie – wie man beim schulischen Titel sieht – dem kulturellen Kapital, das sie ja garantieren soll, ganz einmalige Eigenschaften verleiht.“ (S. 53) 151 Vgl. Bourdieu : Die feinen Unterschiede, S. 277–286 : „[D]er Habitus ist Erzeugungsprinzip ob- jektiv klassifizierbarer Formen und Praxis und Klassifikationssystem (principium divisionis) dieser Formen. In der Beziehung dieser beiden den Habitus definierenden Leistungen : der Hervor- bringung klassifizierbarer Praxisformen und Werke zum einen, der Unterscheidung und Bewer- tung der Formen und Produkte (Geschmack) zum anderen, konstituiert sich die reprĂ€sentierte soziale Welt, mit anderen Worten der Raum der Lebensstile.“ (S. 277 f.) Zur Soziogenese des Habi- tus vgl. Bourdieu : Sozialer Sinn, S. 97–121 : „Die Konditionierungen, die mit einer bestimmten Klasse von Existenzbedingungen verknĂŒpft sind, erzeugen die Habitusformen als Systeme dau- erhafter und ĂŒbertragbarer Dispositionen, als strukturierte Strukturen, die wie geschaffen sind, als strukturierende Strukturen zu fungieren, d. h. als Erzeugungs- und Ordnungsgrundlagen fĂŒr Praktiken und Vorstellungen, die objektiv an ihr Ziel angepaßt sein können, ohne jedoch bewußtes Anstreben von Zwecken und ausdrĂŒckliche Beherrschung der zu deren Erreichung erforderlichen Operationen vorauszusetzen, die objektiv ‚geregelt‘ und ‚regelmĂ€ĂŸig‘ sind, ohne irgendwie das Ergebnis der Einhaltung von Regeln zu sein, und genau deswegen kollektiv aufeinander abgestimmt sind, ohne aus dem ordnenden Handeln eines Dirigenten hervorge-
back to the  book Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts"
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
FWF-E-Book-Library
Title
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
Subtitle
Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
Author
Norbert Christian Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78740-2
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
1224
Keywords
Robert Musil, The Man without Qualities, modern novel, sociology of the novel, Pierre Bourdieu, cultural history
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorbemerkung 9
  2. Einleitung 11
    1. 1. Vom Scheitern eines Großkritikers : Aporien der Literaturkritik 11
    2. 2. Die MĂŒhen der Literaturwissenschaft : Aporien der Forschung 20
  3. TEIL I : GRUNDLEGUNG
    1. 1. Grundlagen der Untersuchung 43
      1. 1.1 Vorstellung der Methode : Bourdieus Sozioanalyse literarischer Texte 43
      2. 1.2 Methodologische EinwÀnde : Kritik der Sozioanalyse 58
    2. 2. Grundlagen der Poetik Musils 64
      1. 2.1 Der Mensch ohne Eigenschaften : ‚Gestaltlosigkeit‘ als ‚negative‘ Anthropologie 64
      2. 2.2 ‚Gestaltlosigkeit‘ und Romantext als Gesellschaftskonstruktion 80
    3. Gesellschaft im Roman 82
    4. Roman als Konstruktion 101
    5. Da capo : Angemessenheit und Vorgehensweise der Sozioanalyse 124
      1. 2.3 Medienkonkurrenz : Essayistisches vs. filmisches ErzÀhlen (Musil kontra Balåzs) 129
    6. 3. Grundbegriffe des Romankonzepts 165
      1. 3.1 Eigenschaftslosigkeit 165
      2. 3.2 Möglichkeitssinn und Essayismus 199
  4. TEIL II : ROMANTEXT ALS KRÄFTEFELD
    1. 1. „Versuchsstation des Weltuntergangs“ : Chronotopos und sozialer Raum 261
      1. 1.1 SelbstreferenzialitĂ€t und Außenreferenz : Das Eingangskapitel 261
      2. 1.2 Ein Land ohne Eigenschaften – Kakanien als Modell 282
      3. 1.3 Das Feld der Macht im Mann ohne Eigenschaften 300
    2. 2. „Zeitfiguren“ 1913/1930 „am gesellschaftlichen Schachbrett“ : Kapitalausstattung und Habitusbildung 328
      1. 2.1 MĂ€nner 334
    3. Erben und Enterbte 344
    4. Ulrich, Mann ohne Eigenschaften ) – Der Dilettant Walter 347
    5. Mann mit Eigenschaften 378
    6. Eigenschaftslosigkeit aus Marginalisierung : Ulrichs Alter Ego Moosbrugger 392
    7. Der moderne Industrielle : Ulrichs Gegenspieler Arnheim 409
    8. Adel und modernerKonservativismus : Ulrichs Inversion Leinsdorf 457
    9. Aufsteiger und Gebremste 482
    10. Realpolitik als ‚Antiessayismus‘ : Der FunktionĂ€r Tuzzi (489) – Zur sozialen Erzeugung von Eigenschaften : Leo Fischel, Liberaler und ‚Jude‘ 501
    11. Ein trojanisches Pferd des MilitÀrs : General Stumm von Bordwehr 523
    12. Terroristen und Propheten 548
    13. Forcierte ‚Eigenschaftlichkeit‘ : Der Antisemit Hans Sepp 558
    14. eingast, Faschist und Schwerenöter 584
    15. Der selbstbewusste Proletarier und junge Sozialist Schmeißer 601
    16. Friedel Feuermaul, Pazifist aus dem „Geiste des Expressionismus“ 613
      1. 2.2 Frauen 635
    17. Gefallene Geliebte 643
    18. Zerrissener Zusammenhang, perspektivische Verschiebung : Ulrichs Geliebte Leona 649
    19. Petrifizierte ‚Eigenschaftlichkeit‘, Macht des Faktischen : Ulrichs Geliebte Bonadea 659
    20. Leidende an einer geheimnisvollen Zeitkrankheit 672
    21. Wahnsinn als Methode : Clarisse 676
    22. Die frustrierte Ehefrau Klementine Fischel 694
    23. Ein gespaltener Habitus : Gerda Fischel 698
    24. Angepasste und Dissidentinnen 708
    25. Diotima, Frau mit Eigenschaften 712
    26. Agathe, Frau ohne Eigenschaften 737
    27. 3. „Die falschen zwischenmenschlichen Vereinigungen unserer Gesellschaft“ : Konstellationen und Interaktionen 768
      1. 3.1 Gemischtgeschlechtliche Konstellationen : MĂ€nner und Frauen im 20. Jahrhundert 771
    28. Ehen in der Krise 781
    29. Erosion der GeschlechteridentitĂ€ten : Die „TrĂ€ger des Zeit- wandels“ Walter und Clarisse 788
    30. Von der physiologischen „Zwangsherrschaft“ zur wissenschaftlichen EhefĂŒhrung : Diotima und Tuzzi 799
    31. Das schleichende Eindringen des Politischen ins Private : Leo und Klementine Fischel 809
    32. Unordentliche VerhÀltnisse, Geschlechterkampf 817
    33. Der Intellektuelle und die Kontrafaktur der ‚schönen Seele‘ : Ulrich und Bonadea 825
    34. Coitus interruptus als „Lustselbstmord“ : Ulrich und Gerda 844
    35. Liebesversuche jenseits der Ehe 885
    36. Ulrichs frĂŒhes Einheitserlebnis 894
    37. Die verbindende Kraft des Antisemitismus : Gerda Fischel und Hans Sepp 902
    38. Liebe à la hausse, platonische „Begegnung zweier Berggipfel“ : Diotima und Arnheim 908
    39. Die „letzte Liebesgeschichte“ als Experiment der Androgynie : Ulrich und Agathe 928
    40. 3.2 Gleichgeschlechtliche Konstellationen : Moderne MĂ€nnerbeziehungen 998
    41. Konkurrenz um Prinzipien und Menschen 1000
    42. Reviermarkierungen im Kampf um eine Frau : Tuzzi gegen Arnheim, Preußen gegen Österreich 1005
    43. Der Intellektuelle und der Großschriftsteller als Versucher : Ulrich gegen Arnheim 1014
    44. Ideologische Gegnerschaften, Klassenkampf 1059
    45. Entgegengesetzte „Exponenten des Zeitgeistes“ : Hans Sepp und Feuer maul 1063
    46. BildungsbĂŒrger contra KleinbĂŒrger : Ulrich und Hans Sepp 1078
  5. BildungsbĂŒrger contra Proletarier : Ulrich und Schmeißer 1086
  6. TEIL III : ERZEUGUNGSFORMEL DES WERKS UND SELBSTOBJEKTIVIERUNG DES AUTORS
    1. 1. Der Mann ohne Eigenschaften im zeitgenössischen literarischen Feld 1099
      1. 1.1 ‚Negative‘ Anthropologie als literaturpolitischer Einsatz 1101
      2. 1.2 Poetik des Essayismus – Musils vielfacher Bruch 1130
    2. 2. Autor und Romanheld in der Moderne – Musils indirekte Selbstanalyse 1152
  7. Literaturverzeichnis 1169
  8. Musil-Texte 1169
  9. Andere Quellen 1169
  10. Nachschlagewerke 1176
  11. Allgemeine Forschungsliteratur 1176
  12. SekundÀrliteratur zu Musil 1193
  13. Register 1208
    1. 1. Personen 1208
    2. 2. Literarische Figuren 1214
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion