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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 139 -
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Seite - 139 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

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Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 139 diese Resolution die Grundlage für die nach dem deutschnationalen Innenminister Leopold Waber sogenannte »Wabersche Optionspraxis«, nach der Optionsansuchen von Juden unter Hinweis auf deren Rasse generell abzuweisen waren. Zu einer grundlegenden Änderung des Staatsbürgerschaftsrechtes kam es durch die Bundesverfassung von 1920, mit der die Republik Österreich als ein Bundesstaat eingerichtet wurde. Artikel 6 des Bundesverfassungsgesetzes unterschied zwischen einer Landes- und Bundesbürgerschaft, wobei jeder Landesbürger zugleich Bundes- bürger sein sollte ; eine Bundesbürgerschaft als solche  – ohne zugleich Landesbürger zu sein  – sah die Verfassung nicht vor.498 Dennoch gab es sie. Allerdings erklärte das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 jene gar nicht so seltenen Fälle »heimatloser Bundesbürger«, die entweder durch Erklärung nach § 2 des Staatsbürgerschaftsgeset- zes von 1918 oder durch Option nach dem Staatsvertrag von St-Germain Staatsbür- ger/Staatsbürgerin geworden waren, ohne dass sie vorher ein Heimatrecht in einer österreichischen Gemeinde erworben hatten, ausdrücklich zu Bundesbürgern oder -bürgerinnen.499 Eine gewisse  – wenn auch vom Gesetzgeber nicht intendierte  – Reparatur erfuhr die Praxis der Ausschließung von »Ostjuden« durch die Heimatrechtsnovelle des Jahres 1925 unter der Regierung Ramek.500 Diese war vom Willen getragen, die Zahl der noch immer heimatlosen Optanten zu verringern und das Prinzip durch- zusetzen, wonach jeder Bundesbürger auch in jener Gemeinde seine rechtliche Hei- mat haben sollte, »in welcher er sich niedergelassen hat, lebt und wirkt«.501 In der Regierungsvorlage wird dazu ausgeführt, dass die Zahl der Heimatlosen, die schon zur Zeit der Monarchie nicht unbedeutend gewesen sei, seit dem Umsturze außeror- dentlich gewachsen sei, da wegen des Gesetzes vom 5. Dezember 1918 sowie durch Option und Rückfall auf Grund der Staatsverträge von St-Germain, Trianon und Brünn zahlreiche Personen wohl die österreichische Staatsangehörigkeit, nicht aber ein Heimatrecht erworben hätten. Mit der Novelle sollte nun heimatlosen Bundes- bürgern, die ehemals in einer Gemeinde der österreichischen Monarchie heimatbe- rechtigt gewesen waren, die Möglichkeit gegeben werden, das Heimatrecht in jener Gemeinde zu erlangen, »wo sie am 16. Juli 1920 (dem Tag des Inkrafttretens des Staatsvertrags von St-Germain) ihren ordentlichen Wohnsitz hatten«. Nach § 3 des Gesetzes hatten die »heimatlosen Bundesbürger« nun die Möglichkeit, innerhalb 498 Artikel 6 BVG 1920/BV Nov. 1925, abgedruckt in : Goldemund/Ringhofer/Theurer, Staatsbürger- schaftrecht, S.  6. 499 Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, abgedruckt in : ebenda, S.  29. Vgl. auch : Kolonovits, Rechts- fragen, S.  65. 500 Rudolf Ramek war vom 20. November 1924 bis 20. Oktober 1926 Bundeskanzler. 501 Aus der Begründung der Heimatrechtsnovelle 1925, 359 BlgNR II GP. Vgl. Goldemund/Ringho- fer/Theurer, Staatsbürgerschaftsrecht, Nr. 64, S.  554ff.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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