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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 153 -
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Seite - 153 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

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Signaturen der Vertreibung 153 der österreichischen an die nationalsozialistische Gesetzgebung andere Rechtssphä- ren ineinander als im Deutschen Reich. Waren es im »Altreich« die Staatsangehörig- keitsnormen der Weimarer Republik, so waren es in Österreich die Rechtsnormen der Ersten Republik, zum Teil aber auch noch jene der österreichisch-ungarischen Monarchie. Nach dem »Anschluss« Österreichs wurde nämlich keineswegs der ge- samte Korpus des NS-Rechts automatisch wirksam. Insbesondere sollte sich die Überleitung des Staatsbürgerschaftsrechts als schwieriger erweisen als gedacht, sodass noch eine Zeit lang teilweise die alten Normen des österreichischen Bundesgesetzes von 1925 galten, ein föderatives Dreiebenen-Modell (bestehend aus Heimatrecht, Landes- und Bundesbürgerschaft)548, das mit den einheitsstaatlichen Vorstellungen der Nationalsozialisten kaum kompatibel war. Zwar verkündete die erste »Verord- nung über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich« vom 3. Juli 1938, es gäbe »nur die deutsche Staatsangehörigkeit«549, doch Ein- und Ausbürgerungen wurden weiterhin nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz von 1925 exekutiert, und erst ein Jahr später, mit der zweiten Verordnung vom 30. Juni 1939, wurde das österrei- chische Recht vollständig eliminiert.550 Für immer beseitigt wurde mit dieser zwei- ten Verordnung auch das österreichische Heimatrecht551, jener Grundpfeiler österrei- chischen Rechts, der seine Wurzeln in den armenrechtlichen, sozialfürsorgerischen Vorstellungen der österreichischen Monarchie des 18. Jahrhunderts hatte und der nun einem »modernen« nationalsozialistischen Fürsorgerecht weichen sollte.552 Grundsätzlich konnte eine Ausbürgerung durch Widerruf der Einbürgerung (Denaturalisation) oder durch Strafexpatriation (wegen vermeintlicher Verletzung der Treupflicht »gegen Reich und Volk«) erfolgen.553 Betroffen von der Strafexpat- riation waren etwa 1400 ins Ausland geflohene österreichische Juden und Jüdinnen, darunter zahlreiche Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle, neben dem schon erwähnten Dichter Stefan Zweig der bekannte austromarxistische Ökonom Rudolf 548 Siehe dazu : Kurt Ringhofer : Strukturprobleme des Rechts (Wien 1966), S.  12ff. 549 Entsprechend § 1 der Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit vom 5. Februar 1934, zit. nach : Pfeifer, Ostmark, S.  123. 550 Vgl. Pfeifer, Ostmark, S.  124. 551 Artikel 2, § 3 der Zweiten Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich bestimmte : »Das Gesetz vom 3. Dezember 1863, betreffend die Regelung der Heimatverhältnisse und seine Nachtragsgesetze treten mit Ablauf des 30. Juni 1939 außer Kraft.« Zit. nach : Pfeifer, Ostmark, S.  108, siehe auch : Ringhofer, Strukturprobleme, S.  14. 552 Die Gemeinden wurden allerdings verpflichtet, die »Heimatrollen« aufzubewahren, da der »Auszug aus der Heimatrolle« weiterhin als wichtiges Beweismittel für die Feststellung der Staatsangehörig- keit galt. Vgl. Pfeifer, Ostmark, S.  108, Anmerkung 1. 553 Nach dem »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933, kundgemacht in der »Ostmark« am 11. Juli 1939. GBlÖ 1939/892. Siehe dazu : Gosewinkel, Einbürgern und Ausschließen, S.  376ff.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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