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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 215 -
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Semantische Nachbemerkungen 215 politologischen Positionen aus versucht wurde, den Begriff Staatsbürgerschaft neu zu bestimmen, seine semantischen Grenzen neu auszuloten. Staatsbürgerschaft erwies sich in der Geschichte als ein Instrument territorialer, sozialer und ökonomi scher Schließung (T. H. Marshall). Staatsbürgerschaft als Be- griff erscheint daher immer im Modus von In klusion und Ex klusion. Mit neuen Denkansätzen : radikaldemokra tischen, liberalen, kommunitaristischen, ökolo- gischen, feministischen oder welt/erd/bürgerlichen versucht man gegenwärtig die alten Schließungen aufzubrechen.748 Die Fragen etwa, ob es eine europäische Staats bürger schaft geben könne, solange die politische Öffent lich keit natio nal staatlich bestimmt bleibt, ob differen zierte, fragmen tierte, postnationale Staatsbürgerschaften denkbar seien749, ja, ob eines Ta- ges auch Tiere und Pflanzen in eine Theory of citizenship einbezogen werden könnten, werden gegenwärtig kontro vers diskutiert.750 Ein Wahlrecht für Hunde, Bienen und Erdbeeren, wie Carolyn Christov-Bakargiev es unlängst forderte, scheint dann keines- wegs mehr bloß Ausdruck künstlerischer Exzentrik zu sein, sondern einer nachhu- manistischen Ethik, die, angesichts des ökologischen Zustandes der Welt, zunehmend Zuspruch erfährt.751 Dabei löst sich die alte semantische Klammer um Staatsbürger schaft und natio- nale Identität, wie Jürgen Habermas befindet, allmählich auf.752 Neu ist dieser Be- fund allerdings nicht, ebenso wenig wie seine immer wieder erhobene Forderung nach einer Weltbürgerschaft. Bereits in den späten 1940er-Jahren hatten bedeutende 748 Exemplarisch seien genannt : Etienne Balibar : Die Grenzen der Demokra tie (Hamburg 1992) ; John Rawls : Der Vorrang der Grundfreiheiten, in : dersel be, Die Idee des politischen Liberalismus. Aufsätze 1978–1989 (Frankfurt a. M. 1992), S.  159–254 ; Charles Taylor : Multikulturalismus und die Politik der An erkennung (Frankfurt a. M. 1993) ; Will Kimlicka : Multicultural Citizenship. A Liberal Theory of Minority Rights (Oxford/New York 1995) ; Michael Walzer : Zivile Gesellschaft und amerikani sche Demo kratie (Frankfurt a. M. 1996) ; Drucilla Cornell : The Philosophy of the Limit : System Theory and Feminist Legal Reform, in : dieselbe et al. (Hg.) : Decon struction and the Possibility of Justice (New York/London 1992) ; Janna Thompson : Justice and World Order (London/New York 1992) ; Bart van Steenbergen : The Condition of Citizenship (London 1994), F. Stewart : Citizens of Planet Earth, in : G. Andrew (Hg.) : Citi zenship (London 1991). 749 Jean-Marc Ferry : Die Relevanz des Postnationalen und Charles Taylor : Was ist die Quelle kol- lektiver Identität ? sowie Jean-Marc Ferry : Europäische Identität und europäischer Bürgerstatus. Anmerkungen zum Gipfel von Maastricht, alle in : Nicole Dewandre/Jacques Lenoble (Hg.) : Pro- jekt Europa. Postnationale Identität : Grundlage für eine europäische Demokratie ? (Berlin 1994), S.  30–41, S.  42–46 u. S.  111–118. 750 Sue Donaldson/Will Kimlicka : Zoopolil. A Political Theory of Animal Rights (Oxford/New York 2011), S.  50ff. 751 Carolyn Christov-Bakargiev, Interview vom 31.5.2012 in : www.sueddeutsche.de/kultur/docu- menta-leiterin-carolyn-christov-bakargiev. 752 Habermas, Jürgen : Staatsbürgerschaft und nationale Identität. Überlegungen zur europäischen Zu- kunft, in : Dewandre/Lenoble, Projekt Europa, S.  11–29, hier : S.  12.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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