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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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172 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe Momenten der Rechtspraxis aus,106 lässt sich die Grundtendenz der Reichserbhof- rechtsentwicklung auf den Punkt bringen : Die „Blut und Boden“-Politik verlor zwar nicht gänzlich, aber doch erheblich an Gewicht gegenüber volks- und betriebswirt- schaftlichen sowie bäuerlich-moralischen Ansprüchen. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung Die Bodenordnung in Niederdonau als zentrales Machtdispositiv des nationalsozi- alistischen Diskurses über Grundbesitz war durch scheinbar gegenläufige Entwick- lungen gekennzeichnet : einerseits die gänzliche Radikalisierung der exklusiven Bodenpolitik, andererseits die teilweise Radikalisierung  – etwa das Einfrieren des „ländlichen Grundverkehrs“ per „Führererlass“  – und Entradikalisierung  – etwa die verbesserte Rechtsstellung von Frauen durch die Erbhoffortbildungsverordnung  – der inklusiven Bodenpolitik. Handelte es sich tatsächlich um gegenläufige, oder etwa um parallel laufende oder sogar zusammenwirkende Entwicklungsstränge ? Eine Spur zur Antwort auf diese Frage legt Heinz Haushofer, der 1940 als für die Obere Siedlungsbehörde verantwortlicher Abteilungsleiter beim Reichsstatthal- ter in Niederdonau, die bäuerliche Siedlung in einem Atemzug mit der landwirt- schaftlichen „Entjudung“ nannte : „In der vergangenen Zeit beschränkte man sich bei den Umlegungen darauf, den wirtschaftlichen Aufbau der Dörfer unverändert zu belassen. In der Folge aber will man  – und das ist eine besonders wichtige und dankenswerte Aufgabe der natio- nalsozialistischen Agrarpolitik  – die Gliederung der Dörfer verbessern, insbesondere in der Richtung, daß kaum lebensfähige und nur unzulänglich mit Boden versorgte Kleinbetriebe durch Zuweisung von Land leistungsfähig gemacht werden. Außer der Anliegersiedlung gehört die Schaffung von neuen Bauernstellen zum Hauptarbeits- gebiet der Oberen Siedlungsbehörde, die sich dabei der Mitarbeit der ‚Deutschen Ansiedlungsgesellschaft‘ als gemeinnützigen Siedlungsträgers bedient. Seit Beginn der Siedlungstätigkeit im Gau Niederdonau wurden bisher 124 Fälle mit einer Ge- samtfläche von 18.477 Ha. behandelt. Der größte Teil dieser vielfach aus jüdischem Besitz stammenden Flächen wurde bereits angekauft oder soll in nächster Zeit käuf- lich übernommen werden. Der Ankauf von weiteren 15.000 bis 20.000 Ha. dürfte in den nächsten Jahren erfolgen, so daß es nicht nur möglich sein wird, alle Bauern wieder mit Land zu versorgen, die durch eine Landabgabe an die Wehrmacht betrof- fen wurden, sondern auch eine entsprechende Anzahl neuer Erbhöfe zu schaffen. Die Wehrmachtsumsiedlung steht vor ihrem Abschluss, während die Neuschaffung von Höfen vorläufig bis nach Kriegsende zurückgestellt werden mußte.“107
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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