Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 669 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 669 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 669 -

Bild der Seite - 669 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 669 -

669Vom Wert der Landarbeit 7.6 Vom Wert der Landarbeit Nach der Untersuchung der Produktivitäts- und Produktionsentwicklung auf re- gionaler, lokaler und betrieblicher Ebene steht nun die Frage nach dem monetä- ren Niederschlag der Naturalerträge im Zentrum. Die zeitgenössische Antwort von offizieller Seite beklagte die im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren unzureichende Bewertung der landwirtschaftlichen Leistungen, die „Unterbe- wertung der Landarbeit“. Diese Debatte flackerte in der Agrarpresse ab der Jah- reswende 1938/39 auf, nachdem auf dem 6. Reichsbauerntag in Goslar führende Repräsentanten des Reichsnährstandes, darunter Stabsamtsführer Hermann Reischle, die „Unterbewertung der Landarbeit“ zum „Problem der Zukunft“ er- klärt hatten.200 Bereits im Dezember 1938 forderte das Wochenblatt eine Gerechte Bewertung der Landarbeit : „Der Landwirtschaft ist nicht mit Subventionen und Krediten zu helfen, sondern nur mit einer grundlegenden Lösung des ganzen Problems, die  – ganz gleich, in welcher Form sie sich äußern wird  – eine gerechte Bewer- tung der Landarbeit bringen muß [Hervorhebung im Original].“201 Gerecht hieß im nationalsozialistischen Kontext nicht „Jedem das Gleiche“, sondern „Jedem das Seine“  – „entsprechend der Leistung des einzelnen“, wie Anton Reinthaller ausführte.202 Hinter der Formel von der „Unterbewertung der Landarbeit“ stand eine über die 1930er Jahre und das Deutsche Reich hinausreichende gesamtwirtschaftli- che Entwicklung, die seit Ende des 19. Jahrhunderts die agrarpolitische Debatte in vielen Staaten Europas bestimmt hatte : die Öffnung der „Preisschere“, das Auseinanderdriften der Preise agrarischer und industrieller Erzeugnisse.203 Die in den 1870er Jahren einsetzende, von der Globalisierung der Agrargütermärkte verursachte europäische „Agrarkrise“ bewirkte eine entscheidende Weichenstel- lung : den Niedergang des großbetrieblichen, mit Lohnarbeitskräften betriebenen Agrarkapitalismus, der sich bei sinkender Rentabilität mehr und mehr aus der Landbewirtschaftung zurückzog, und die Aufwertung des klein- und mittelbäu- erlichen Familienbetriebs, der dem Preisverfall nicht durch Extensivierung, son- dern durch selbstausbeuterische Intensivierung begegnete. Aus politischen und ökonomischen Motiven suchten die meisten Staaten Kontinentaleuropas, ihre bäuerlichen Agrarsektoren durch protektionistische Maßnahmen vor der außer- europäischen Konkurrenz abzuschotten, zunächst nach außen hin durch Schutz- zölle, seit der Weltwirtschaftskrise auch im Inneren durch markt- und struktur- politische Eingriffe.204 Diese allgemeine, langfristige Entwicklung im Übergang von der Agrar- zu Industriegesellschaft wurde in der Ostmark durch eine kurzfristige Sonderent- wicklung verschärft : die Integration in das Wirtschaftssystem des Deutschen Rei-
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder