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Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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742 Eine grünbraune Revolution ? Agrarproduktion überwiegend den Reproduktionszyklen ihrer pflanzlichen und tierischen Ressourcenbasis verbunden. Hingegen schöpfte die „Grüne Revolu- tion“ seit Mitte des 20. Jahrhunderts ihren enormen Produktivitätszuwachs aus dem Wechsel der Energiebasis von der Nutzung organischer Ressourcen aus der Biosphäre zum Verbrauch mineralischer Ressourcen aus der Lithosphäre. Die Er- schließung fossiler Energieträger zur Motomechanisierung und Chemisierung des Agrarsystems entkoppelte die Nahrungsproduktion von den Reproduktionszyklen ihrer lokalen und regionalen Ressourcenbasis. Folglich wurde der produktivisti- sche Betrieb abhängig von überregionalen, über Märkte vermittelten Ressourcen- flüssen, die ihn als Konsumenten industrieller Fertigprodukte und Produzenten industrieller Rohstoffe der Industriegesellschaft ein- und unterordneten.140 Eine entscheidende Triebkraft des revolutionären Übergangs von der organischen zur mineralischen Ressourcenbasis entfachte  – neben den marktvermittelten Impul- sen  – der agrarische Interventionsstaat. Folglich lässt sich für das Nachkriegsöster- reich, wie im britischen Vergleichsfall, von einer „staatsgeleiteten Agrarrevolution“ sprechen.141 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus Auf der Grundlage des räumlichen und zeitlichen Vergleichs können wir die Ent- wicklung des österreichischen Agrarsystems und seiner Akteure in der NS-Ära modellhaft nachzeichnen. Entgegen der in der Literatur hervorgehobenen Statik  – „Die Bauern verharrten in ihren bisherigen Gewohnheiten, nutzten, was ihnen von Vorteil erschien, versuchten jene Bestimmungen zu umgehen, die ihnen lästig waren, und verhielten sich alles in allem gegenüber der Obrigkeit so loyal wie eh und je.“142  – bietet sich für die Ostmark ein überraschend dynamisches Bild. Die betrieblichen Entwicklungspfade verliefen in einem einerseits in die nicht-pro- duktivistische, andererseits in die produktivistische Richtung hin erweiterten Ma- növrierraum (Abbildung 8.10). Auf der einen Seite erweiterten die Regulative des volkspolitisch motivierten „Bauernschutzes“  – Erbhofgerichtsbarkeit, Entschul- dungsaktion, Sozialleistungen und so fort  – die Möglichkeiten nicht-produktivis- tischen Wirtschaftens, dem die Zwangsversteigerungswelle vor dem „Anschluss“ enge Grenzen gesetzt hatte. Gemäß der Inklusions-Exklusions-Logik der natio- nalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ war der nach Leistungskriterien abgestufte „Bauernschutz“ gekoppelt mit der „Entjudung“, in deren Zuge der NS-Staat jüdi- schen Grundbesitz zur „Neubildung deutschen Bauerntums“ enteignete. Innerhalb der Gemeinschaft des „deutschen Landvolkes“ begrenzte die Leistungskontrolle des Reichsnährstandes den Manövrierraum ; so konnte „Bauern“ und „Landwir-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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