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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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322 „Menschenökonomie“ unter Zwang nur wenige aus Kleingewerbe oder Kleinhandel stammen“.239 Der Sonderfall der südosteuropäischen Arbeitskräfte darf nicht bedenkenlos verallgemeinert werden ; die freiwillige Meldung zum „Arbeitseinsatz“, die rechtliche Gleichstellung im Betrieb und die Rückkehr nach Ablauf des Arbeitsvertrags, die für diese Katego- rien von Arbeiter/-innen in besonders hohem Maß galten, förderten wohl deren Motivation.240 Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass auch die osteuropäischen Landarbeiter/-innen, die vielfach aus agrarischen Milieus stammten, im Vergleich zu Deutschen im Durchschnitt höhere Leistungen erbrachten als die in Industrie und Gewerbe eingesetzten Pol/-innen und „Ostarbeiter“. Diese Vermutung fin- det, wie gezeigt wurde, in Gendarmerie- und Landratsberichten eine Bestätigung. Dass „Ostarbeiter“ von Dienstgeber/-innen bevorzugt wurden, „sofern die Arbeit körperlich schwer oder anhaltend monoton ist“,241 dürfte nicht allein auf nationa- listischen und rassistischen Projektionen beruhen. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ?242 Die Entlohnung der Landarbeiter/-innen setzte sich in den 1930er und 1940er Jahren aus Natural- und Geldanteilen zusammen. Sprechen die zeitgenössischen Dokumente und die nachträglichen Erzählungen von „Lohn“, ist damit meist nur der in Geld bemessene Anteil der Entlohnung gemeint ; darüber hinaus umfasste die Entlohnung ein Bündel von nichtmonetären Gegenleistungen wie Ernährung, Unterkunft, Bekleidung und Krankenversorgung. Der Gegenwert der Naturalien umfasste Anfang des 20. Jahrhunderts meist mehr als die Hälfte der Gesamtent- lohnung ; dieses Verhältnis verschob sich in den 1920er und 1930er Jahren schritt- weise in Richtung Geldlohn.243 Im Hinblick auf Entlohnung, Besteuerung und Sozialversicherung waren die Zivilarbeiter/-innen aus Nord-, West, Süd- und Süd- osteuropa, abgesehen von einigen Abweichungen, den deutschen Arbeitskräften im Prinzip gleichgestellt. Dagegen waren die osteuropäischen Zivilarbeiter/-innen, die in der Land- und Forstwirtschaft zahlenmäßig bei weitem überwogen, erheb- lichen Diskriminierungen unterworfen.244 Den Anlass zur Schaffung einer dis- kriminierenden Lohnordnung bot der Einsatz polnischer Arbeitskräfte im Reich ; „der Pole“ sollte „eindeutig gegenüber dem deutschen Volksgenossen abgesetzt“ werden.245 Dieses Maßnahmenbündel umfasste die Verminderung der Tariflöhne für polnische Landarbeiter/-innen (Tabelle 4.8), die Beschränkung des Arbeits- entgelts auf tatsächlich erbrachte Leistungen, den Verfall von Feiertagszuschlägen, das Streichen von Sozialzulagen, die Beschränkung der Urlaubsansprüche, die  – im staatspolizeilichen Interesse liegende  – Verkürzung der Kündigungsfristen und die Aufhebung der Arbeitszeitbeschränkungen für Jugendliche. Die diskriminieren-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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