Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 593 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 593 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 593 -

Bild der Seite - 593 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 593 -

593Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften gebend ist : fehlende Parteimitgliedschaft, zwei bis fünf Hektar Grundbesitz, ge- werbliche Nebentätigkeit, verurteilt wegen geringer Mengen verbotenerweise ge- schlachteten Viehs zu leichten bis mittleren Geld- und Gefängnisstrafen. Die Vermessung des Raumes der ländlichen Schattenwirtschaft folgt einem Dreischritt : Erstens verschafft der Gesamtraum einen Überblick über die Bezie- hungsstruktur der Gesamtheit der Fälle ; die drei Dimensionen mit ihren jeweils zwei Polen von Merkmalsausprägungen unterscheiden insgesamt acht (Ideal-)Ty- pen von Verurteilten. Zweitens vollzieht die Abgrenzung einzelner Gruppen von Fällen einen Schwenk von der Gesamt- zur Detailansicht, in der (Real-)Typen von Verurteilten  – der bäuerlich-amtliche Falschmelder, der bedienstete Getreidever- fütterer, der bäuerliche Schleichhändler und der bäuerliche Schwarzschlächter  – fassbar werden. Drittens eröffnen innerhalb dieser Gruppen einzelne Fälle weiterführende Einblicke in die Praxis ländlichen Wirtschaftens, die von der Hinterbühne des Alltags auf die Vorderbühne des Sondergerichts verlagert wird. Zu diesem Zweck gehen wir in der Regel von den jeweils zentralen, ausnahmsweise von benachbarten Fällen aus, um über Bezüge zu anderen Fällen einige Facetten der Alltagspraxis ab- seits der offiziellen Norm, des privaten Wirtschaftens im Rahmen der öffentlichen Bewirtschaftung, zu erschließen. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften Nehmen wir zunächst den zentralen Fall der zahlenmäßig größten Gruppe, der bäuerlichen Schwarzschlächter, unter die Lupe. Anton Binder, geboren 1900 und ge- meinsam mit seiner Ehefrau Besitzer eines 17 Hektar großen Erbhofes in Jeuten- dorf, Kreis St. Pölten, musste sich 1942 vor dem Sondergericht beim Landgericht Wien wegen der Schlachtung dreier Schweine ohne Bewilligung des Ernährungs- amtes und ohne Entrichtung der Schlachtsteuer im April, September und De- zember 1941 verantworten.73 Das Sondergericht unter dem Vorsitz von Richter Ewald betrachtete die „Schwarzschlachtung“ des zweiten Schweines aufgrund des Geständnisses des Angeklagten und der Zeugenaussagen als erwiesen ; hinsicht- lich des ersten und dritten Schweines konnte dieser jedoch nicht überführt wer- den. Da der Angeklagte in Kenntnis der Tragweite seiner Tat  – demnach „böswil- lig“  – Schweinefleisch der Bewirtschaftung entzogen, dieses beiseite geschafft und die Fleischversorgung „jedenfalls in örtlich spürbarem Umfange“ gefährdet habe, wurde seine Tat als Verbrechen gegen die KWVO gewertet ; zudem hatte er wegen Schlachtsteuerhinterziehung ein Vergehen gegen die Reichsabgabenordnung be- gangen. Unter Berücksichtigung der Sorgepflicht für die Ehefrau, des Geständnis- ses und einer gewissen Notlage als mildernd sowie des Zusammentreffens zweier
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder