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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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726 Eine grünbraune Revolution ? Der Agrarsystemvergleich zwischen Großbritannien und Österreich als Teil des Deutschen Reiches während des Krieges vermag ältere Gewissheiten in neuem Licht zu betrachten. Die staatsgeleitete Umformung des Agrarsektors 1939 bis 1945 war im britischen Fall nicht dermaßen ‚erfolgreich‘89 und im österreichischen Fall nicht dermaßen ‚erfolglos‘90 wie in der Literatur behauptet. Zwar bildete Großbritannien den Schauplatz einer „staatsgeleiteten Agrarrevolution“, die, dem kriegsbedingten Imperativ der nationalen Ernährungssicherheit folgend, binnen weniger Jahre den nachhaltigen Übergang zu einem kapitalintensiven und staatlich organisierten Agrarsystem in Gang brachte.91 Doch sowohl auf technischer Ebene, etwa in der negativen Gesamtfaktorproduktivität, als auch auf institutioneller Ebene, etwa im autoritären Eingriff in bisher gültige Landbesitzrechte, zeigen sich die Grenzen der britischen Agrarentwicklung. Während der revolutionäre Charak- ter der Agrarentwicklung für Großbritannien nicht überschätzt werden sollte, darf er für Österreich nicht unterschätzt werden.92 Zwar wiesen die meisten Leistungs- kennzahlen stagnierende oder abfallende Tendenz auf. Doch erfolgten sowohl auf technischer Ebene, etwa in der Chemisierung und Motomechanisierung, als auch auf institutioneller Ebene, etwa im Aufbau eines staatsgeleiteten, bis zum letzten Hof ausgreifenden Steuerungsapparats, entscheidende Schritte in Richtung eines produktivistischen Agrarsystems  – das sich jedoch erst in den Nachkriegsjahrzehn- ten voll entfalten sollte.93 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom Ein Vergleich der NS-Ära in Österreich mit den vorangehenden und nachfolgen- den Perioden soll deren agrarinstitutionelles Profil zusätzlich schärfen. Die aus dem zerfallenen Habsburgerimperium hervorgegangene Republik (Deutsch-)Österreich verfolgte nach dem Ende der kriegs- und nachkriegsbedingten Zwangswirtschaft 1922 im Interesse ihrer exportorientierten Großindustrie und leistungsschwachen Landwirtschaft einen handelsliberalen Kurs mit moderaten Agrarzöllen. Da der zu drei Viertel vom Bergland geprägte Kleinstaat von Getreideimporten abhing und schwerpunktmäßig Fleisch- und Milchproduktion betrieb, machte sich die Agrar- krise mit fallenden Weltmarktpreisen für Getreide ab Ende der 1920er Jahre spät, aber dennoch heftig bemerkbar. Die von der Christlichsozialen Partei geführte Mitte-Rechts-Koalitionsregierung sah sich Anfang der 1930er Jahre angesichts der Weltwirtschaftskrise in einem agrarpolitischen Dilemma : Protektionismus zu- gunsten der Landwirtschaft auf Kosten breiter Konsumentenkreise oder Marktli- beralisierung zugunsten der Exportindustrie auf Kosten der  – am Weltmarkt kaum wettbewerbsfähigen  – bäuerlichen Produzenten.94
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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