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Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen | 25
konnten, muss Natale Angielini unmittelbar dabei gewesen sein. Auf dem von ihm
stammenden Kupferstich von 1565, der sowohl einen lateinischen als auch einen
deutschen Titel trägt,23 wird ausdrücklich auf das militärische Vorgehen des Hern
Lazaro von Schwendi Bezug genommen, er geht hier aber auch auf Ereignisse im Mai
dieses Jahres ein, bietet somit einen Bildbericht24 über mehrere Monate. Fürst Johann
Sigmund versuchte nämlich im Mai 1565 mit osmanischer Hilfe nochmals die Feste
Szatmár/Satu Mare zurückzuerobern, womit er allerdings scheiterte. In ebendiese
Zeit, zwischen Juni und Juli 1565, führt das bereits eingangs erwähnte Lebenszeugnis
des Natale in dem Schreiben an Francesco de Medici. Dezidiert heißt es dort, dass
der Mailänder Maler (pittore) Natale Angielini Risszeichnungen der Festungen Satu
Mare und Tokaj in Farben ausgeführt hat, und so ist wohl auch die Entstehung der
Vorlage des Kupferstichs »loca in vngaria recepta« hierher zu verlegen. Eine
demselben Thema gewidmete, allerdings auf das engere Gebiet um das umkämpfte
Satu Mare konzentrierte, kolorierte Zeichnung ist im Wiener Cod. 8609 Han auf
uns gekommen.25 Sie zeichnet sich durch besonderen Detailreichtum aus und weist
ausschließlich italienische Beschriftungen auf, man wird sie also entweder als von der
Hand des Natale Angielini selbst stammende Arbeit26 oder als Kopie einer auf Natale
zurückgehenden Vorlage einzuschätzen haben.
Natales Verbindungen zu Erzherzog Karl dauerten jedenfalls trotz seiner Aufnahme
in kaiserliche Dienste ab Anfang 1564 weiter an, wie aus einigen Belegen des Jahres
1565 zu erschließen ist, und gegen Ende dieses Jahres begab er sich sogar dezidiert im
23 »loca in vngaria recepta ab invictiss[imo] imp[eratore] maximiliano] ii/die orter so
nevlich in vngern eingenomen sein«. – Abbildung bei Pálffy, Anfänge, Tafel XII.
24 Inwiefern Natale dabei auch auf frühere Vorbilder rekurrierte, darunter etwa den Holzschnitt des Wolf-
gang Lazius von 1557, der das militärische Vorgehen der kaiserlichen Truppen gegen die Osmanen im
Raum südlich des Plattensees (Raum zwischen Nagykanizsa und Pécs) vom Jahre 1556 zum Inhalt hat,
lässt sich schwer sagen. Zum Lazius’schen Holzschnitt vgl. Svatek, Geschichtskarte, 237–248.
25 Pálffy, Anfänge, Tafel XIII ; siehe auch unten Anhang 9.1, S. 332 Nr. 2.6. und S. 416 Nr. 35.
26 Vom Schriftbefund her ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Formen des Majuskel-»K« wie des
Majuskel-»R« auf der kolorierten Zeichnung auffällig mit denen in der eindeutig von Natale Angielini
stammenden Karte des kanisarischen Gebietes, unten Anhang 9.1, S. 325 Nr. 1.1.), übereinstimmen.
Dies könnte so zu deuten sein, dass es sich im Cod. 8609 Han um ein hier eingebundenes Original,
zumindest aber um eine sogar die Schrift des Natale markant wiedergebende Kopie handelt.
Abb. 1 : Nennung des Natale Angielini, Malers
aus Mailand (Natalis Angelinus pictor Medio-
lanensis) in einem Schreiben des Hadrianus
Candidus an Francesco von Medici vom 26.
Juli 1565, Satu Mare (Ausschnitt). – Archivio
di Stato Firenze.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499