Seite - 30 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 30 -
Text der Seite - 30 -
30 | Ferdinand Opll
men versehene Karten und um eine Ansicht. Einer exzeptionellen Überlieferung im
Karlsruher Atlas – es handelt sich um mehrere undatierte Zeichnungen, die auf den
Grundriss von Mukatschewe und drei weitere leere Blätter am Schluss der Hand-
schrift folgen, die aber im einschlägigen Inventar des Bestandes43 nicht eigens erwähnt
werden – verdanken wir äußerst wertvolle Zusatzinformationen über das Begabungs-
spektrum wie auch das berufliche Selbstverständnis Nicolòs. Weit mehr als das, hier
liegt völlig eindeutig ein Selbstzeugnis vor : Der Reihenfolge nach handelt es sich dabei
– um eine kolorierte Perspektivdarstellung eines auf einer Anhöhe gelegenen, mit
viereckiger Festung mit Eckbastionen umgebenen Turms sowie der Wasserversor-
gung dieser Anlage, die mit einem eigenhändig von Nicolò geschriebenen erläu-
ternden Text44 versehen ist,
– um die kolorierte Zeichnung zweier Sturmleitern, einer festen und einer Strickleiter,
ohne schriftliche Erläuterungen,
– um die gleichfalls ohne schriftliche Erläuterung dargebotene kolorierte Zeichnung
von zwei Rammspießen mit Querstäben (einsetzbar als Leitern), wobei einer in
einem Stück gearbeitet ist, oben eine metallene Lanzenspitze und unten einen
Pfahlschuh aus Metall45 trägt und acht Querstäbe aufweist, der andere dagegen
aus fünf kürzeren Stücken mit je einem Querstab besteht und auf dem obersten
Stück eine als Lilie gestaltete metallene Lanzenspitze aufweist ; alle einzelnen Stü-
cke können ineinander gesteckt werden. Schließlich folgt
– die kolorierte Zeichnung einer mehrteiligen, mit Scharnieren versehenen und mit
Seilen ausgestatteten Pontonbrücke zur Überquerung breiterer Flüsse mit Fußtrup-
pen, Berittenen und Karren, die eine ausführliche Erläuterung aufweist, die Nicolò
Angielini persönlich geschrieben hat (Abb. 3).46
43 Schäfer, Inventar, 208–215 Nrr. 1108–1165.
44 Karlsruher Codex, fol. 65v (bezeichnet mit »61«) : Questo e uno muodo (!) di condur aqua sopra uno / locho
qual’ patise (?) chomo si trova in molto lochi
– / formando como in figura si vede. Avertendo / ce fa bisogno saper
livelar e dar la sua di/sendenzia piu (pini ?) che il locho dove si prende / laqua (!) a letera (!) •A• prima fa beso-
gna (!) fa/brichar uan (wohl statt : una) seralgia (wohl statt : serraglio = Zwinger) a letera A et •B• poi lechane
(sechane ?) como in figura si vede / a vertendo (avertendo ?) che •C• sia st / (Hier folgt ein grafisches Zeichen,
das wie ein waagrecht nach links weisender Stöpsel oder Korken aussieht und in der Zeichnung selbst
als Verschluss der Wasserkammer auf der Anhöhe selbst, bezeichnet mit dem Buchstaben »B«, ebenfalls
zu sehen ist.) ropato et poi a •B• sia in/pito (?) isstrumento poi si stropio’ / che non respiri •C• sia destro pato
… (unleserlich).
– Die Bestimmung als Autograf resultiert aus dem Vergleich mit der Schrift auf fol. 68r
(siehe Anm. 46).
45 Eine vergleichbare Technik des Schutzes von Pfählen mit Pfahlschuhen aus Eisen ist auch bei der Wiener
Stadtbefestigung angewendet worden, siehe dazu hier im Buch S. 184 mit Anm. 233.
46 Karlsruher Codex, fol. 68r (bezeichnet mit »64«) : Questi dui ponti sono per poter passar / fumi [!] largi [!]
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499