Seite - 81 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen | 81
wird, die aber der Türke einnehmen wird, falls Gott nicht hilft«269 dargestellt sind. Erst
mit der Darstellung des mit Nr. 1 bezeichneten Senj auf der Rückseite von Folio 5 be-
ginnt die Reihe der insgesamt 48 Nummern, wobei es mehrfach vorkommt, dass zwar
Nummer und Ortsname genannt sind, die Darstellung selbst aber fehlt.270 In Summe
präsentiert der Atlas 42 verschiedene Orte auf insgesamt 45 Darstellungen.271
Dresden Nr. 6 ist eine von ihrem Umfang her dem Wiener Cod. 8607 Han ver-
gleichbare Kollektion, unterscheidet sich allerdings im Hinblick auf die angewandte
Sorgfalt völlig von den dort in grafischer Hinsicht so prächtig ausgeführten Zeichnun-
gen. Das lässt verschiedene Deutungsmöglichkeiten zu, nämlich entweder als eine von
einem Kopisten eher nachlässig angefertigte Fassung oder als Zeugnis einer Erst- bzw.
Rohfassung der Festungsgrundrisse. In jedem Fall bleibt die absolute Dominanz der
italienischen Sprache in diesem Atlas zu beachten.272 Die zeitliche Einordnung von
Dresden Nr. 6 führt nach dem verwendeten Papier auf die späten 1570er und frühen
1580er Jahre, seine Nennung bereits im ältesten Inventar der kurfürstlichen Kunst-
kammer in Dresden aus dem Jahr 1587273 weist dieses Jahr als Terminus ante quem
aus. Seine grafische Ausführung in skizzenhafter, ja grober Form lässt sich mit den
sonstigen Arbeiten von Angehörigen der Familie Angielini nur schwer in Einklang
bringen. Stellt man in Rechnung, dass die hier verwendeten Papiersorten (Wasser-
zeichen) in keinem der anderen »Angielini«-Atlanten nachzuweisen sind, sehr wohl
aber in Festungsatlanten über weitere Bereiche der europäischen Festungslandschaft
vorkommen,274 so könnte es sich vielleicht sogar um eine erst in Dresden angefertigte
269 Confini di quella parte d’Vngheria che possiede, et possedara’ / La casa d’Austria per in sin ch’ il Turco vorra,
se Dio non rimedia.
270 Dies ist der Fall bei Nrr. 3 (Brinje), 7 (Drežnik Grad), 8 (Tržac), 10 (Zrin), 16 (Gradec) und 40
(Šarišský hrad).
271 Von Nové Zámky, Satu Mare und Tokaj finden sich je zwei Darstellungen, wobei die zweite Darstel-
lung von Satu Mare nicht in die Nummerierung von 1–48 einbezogen ist.
272 Bemerkungen über das weitere Vorgehen beim Ausbau von Anlagen oder auch Erläuterungen zum
dargestellten Gelände sind hier durchwegs in italienischer Sprache gehalten, während sie in anderen
Überlieferungen (auch) in deutscher Sprache geboten werden, vgl. dazu bei Košice/Kaschau, unten
Anhang 9.1, S. 378 Nr. 17, bei Komárno, unten Anhang 9.1, S. 371 Nr. 14, bei Nagyakanizsa, unten
Anhang 9.1, S. 397 Nr. 26, bei Ónod, unten Anhang 9.1, S. 403 Nr. 28, bei Bihać, unten Anhang 9.1,
S. 346 Nr. 1, oder bei Senj, unten Anhang 9.1, S. 423 Nr. 36.
273 Wiegand, Kunstkammer, 426 Nr. 6. – Bei Marx/Plassmeyer (Hgg.), Sehen und Staunen, 459,
wird der Atlas auf 1578 datiert und als in Wien entstanden bezeichnet, zudem wird von einer »Kopie
auf der Grundlage der von Natale und Nicolò Angielini erstellten und jeweils aktualisierten Original-
karten« gesprochen. Weder diese Datierung noch die Nennung von Wien als Herkunftsort sind zwin-
gend. Die von den sonstigen »Angielini«-Atlanten abweichenden Papiersorten scheinen eher darauf zu
weisen, dass der Atlas eben nicht in Wien entstanden ist.
274 Siehe dazu oben beim Exkurs zu den Wasserzeichen, S. 59 mit Anm. 174.
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499