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264 | Heike Krause
Komplex im Wiener Exemplar als »arsenal« und im Dresdner als Arsenal, wobei
die Beschriftung bei letzterem innerhalb eines anschließenden Baublocks der Innen-
stadt positioniert ist. Die »Angielini«-Pläne (Abb. 45 und 52, unten nach S. 312 Tafel
2) stellen die älteste bekannte Überlieferung dar, die den Gebäudekomplex und das
Wasserbecken für die Schiffe detailreich in perspektivischer Form wiedergibt, wobei
die Situation von Exemplar zu Exemplar etwas unterschiedlich erscheint.
Die Fläche des Arsenals wird einerseits durch die wohl noch vorhandene mittelal-
terliche Stadtmauer und andererseits durch die nun weit vor ihr liegende, neu aufge-
führte breite, die Elend- und die Neutorbastei verbindende Kurtine begrenzt. Im Wie-
ner und Dresdner Exemplar setzt direkt an diese ein langes, schmales Gebäude mit
einem Satteldach an. Dieses Gebäude, das Bestandteil der im Norden anschließenden
großen mehrschiffigen Halle war, ist auch durch andere Pläne überliefert.131 Es dürfte
gleichzeitig mit jener entstanden sein. Die stadtseitige Begrenzung weist auf allen drei
Exemplaren des »Angielini«-Plans von Wien zwar keine typischen Stadtmauerattri-
bute wie Zinnen oder Scharten mehr auf, doch dürften drei der vier in regelmäßigen
Abständen auf ihr sitzenden hohen Gebäude als noch bestehende Mauertürme zu
interpretieren sein. Die um 1568 entstandene Planskizze von Bartolomeo de Rocchi
zeigt in diesem Abschnitt drei von der Art, wie diese auch seit dem 15. Jahrhundert
überliefert sind (siehe unten nach S. 312 Tafel 11). Besonders interessant ist in diesem
Zusammenhang eine undatierte, als Kopie Albert Camesinas erhaltene Perspektiv-
zeichnung, die den Fortgang der Errichtung des Arsenals und einer angrenzenden
Mauer behandelt (siehe oben S. 183 Abb. 28).132 Das neue Arsenal entstand zum Teil
innerhalb bzw. unmittelbar vor dem Viertel »Im Elend«, also außerhalb der mittelal-
terlichen Stadtmauer unterhalb der Donauabbruchkante. Wiedergegeben wird in der
Zeichnung der Baufortschritt am Wohngebäude für die Offiziere und den Hauptmann
des Arsenals, an des Hauptmanns Stall, an einer Wachkammer und an einem Gewölbe
zur Aufbewahrung von Pech. Die angrenzende, zur Elendbastei führende und viel-
leicht den einstigen Donauhang stützende Mauer – auch hier mit den typischen Stre-
bepfeilern
– ist offensichtlich ebenso im Bau. Die »Im Elend« befindlichen Häuser, die
in der »Maß«133 standen, wurden für dieses Bauprojekt abgebrochen. Die dargestellten,
im Bau befindlichen Wohngebäude lagen möglicherweise an der Stadtmauer und sind
in den »Angielini«-Plänen wiederzuerkennen. Allerdings gibt es keinen schriftlichen
Hinweis auf die Einbeziehung mittelalterlicher Bausubstanz der Stadtbefestigung an
131 Vogelschauansicht von Jakob Hoefnagel von 1609 und Steinhausen-Plan von 1710 (siehe unten An-
hang 9.7, S. 490 und 492 Nrr. 23 und 26).
132 WStLA, KS, Allgemeine Reihe, Pläne und Karten : Sammelbestand P1.220/1.
133 Damit dürfte die für den Bau benötigte, abgesteckte Fläche gemeint sein.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499