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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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| 2 KünstlerInnen über sich168 ment“ habe er „ebenso starken Gegensatz wie innige Gemeinschaft“ gebildet. Aus diesem „hochindividuellen, künstlerisch aufgebauten Heim“ sei sie als 17-Jährige aufgebrochen. In dieser Kurzfassung blieb freilich vieles aus einer schwierigen Kind- heit und Jugend unangesprochen.270 Den Beginn ihres „eigenen“ Lebenswegs setzt Bilger rückblickend mit ihrer Tä- tigkeit als Pflegerin für tuberkulosekranke Kinder auf der steirischen Stolzalpe an. Bald aber merkte sie, so die weitere Erzählung, dass ihr Weg „mehr über das Seeli- sche als Praktische“ gehen sollte.271 Bislang findet sich in diesem Lebensbericht kein Hinweis auf eine künstlerische Begabung oder den Wunsch Künstlerin zu werden, somit kommt der nächste Satz sehr unmittelbar, wo es heißt: „Es fügte sich, daß man mich nach Wien mitnahm, wo ich die Aufnahmeprüfung an die Akademie (b. Jettmar) machen sollte und durchfiel. Der meinen Eltern befreundete Wie- ner Bildhauer Zelezny aber nahm mich bei der Hand, führte mich gleich in die Fachklasse zu Professor B.  Löffler und sagte: ‚I wüll, daß das nimmst!‘ – jene Kunstgewerbeschule, die ich dann mit dem ersten österreichischen Staatspreis abschloß.“272 Beinahe wie eine zufällige Gegebenheit schilderte Bilger somit im Rückblick ihre Entscheidung für eine künstlerische Ausbildung und das Studium an der Kunstge- werbeschule. Damit unterscheidet sich ihr Narrativ in diesem zentralen Punkt von dem bereits dargestellten typischen Künstlernarrativ, in dem die frühe Begabung und das zufällige oder bewusste Erkennen derselben eine wichtige Rolle einnimmt. Für Margret Bilger waren auch nach ihrem Studium an der Kunstgewerbeschule im- mer noch die Kinder wichtiger als die Kunst. Vorerst versuchte sie beides zu verbin- den, indem sie mit Waisen- und Heimkindern gemeinsam zeichnete.273 Wien erhielt 270 Aufgrund häufiger Krankheiten und „schwacher“ Leistungen wurde Margret Bilger vom Gymna- sium genommen, besuchte die Bürgerschule, bereits zuvor hatte sie auch Hausunterricht erhalten, geriet in eine schwärmerische Liebe zu ihrer Lehrerin. In Opposition zum Elternhaus überlegte sie unter anderem in einen Orden einzutreten, begann schließlich eine Ausbildung an der Grazer Kunstgewerbeschule, später die Werkschule Merz bei Stuttgart, beides schloss sie nicht ab. Vgl. u.a. Günter Eisenhut, Margret Bilger, in: Günter Eisenhut/Peter Weibel (Hg.), Moderne in dunkler Zeit. Widerstand, Verfolgung und Exil steirischer Künstlerinnen und Künstler 1933–1948, Graz 2001, 158–171, 158. 271 Diese Formulierung verwendete sie ident bereits in ihrem Lebensbericht von 1944. Vgl. Bilger, Entwicklungsgang. 272 Bilger, Lebensbericht, 25. 273 Bilger arbeitete in einem Kinderheim in Wien-Nußdorf, bei dessen Leiterin (Baronin) Maritta Mayer sie auch wohnte. Sie gab zudem Zeichenkurse für Kinder in der karitativen Organisation des Ottakringer Settlements. Das Ottakringer Settlement war ein 1901 von Marie Lang, Marianne Hai- Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Titel
Zeitwesen
Untertitel
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Autor
Birgit Kirchmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
468
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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