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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Seite - 176 -
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| 2 KünstlerInnen über sich176 zurückgezogenen und verinnerlichten Künstler. Klien bediente hingegen das Bild der exzentrischen Künstlerin, die sich im Widerstreit zur Vorstellung eines bürger- lichen Lebenslauf als Frau Freiräume herauszunehmen versuchte, die teilweise kon- form gingen mit dem Bild der „neuen Frau“ der 1920er-Jahre. Sehr deutlich trat in der Analyse die Relevanz des Gegenwärtigen in der autobio- graphischen Darstellung hervor. Der jeweilige Zeit- und Standort der Autobiogra- phInnen zeigte sich als unbedingt zu berücksichtigender Faktor, insofern als er die jeweilige Form der Selbstreflexion massiv beeinflusste. Im Fall der Autobiographie von Alfred Kubin wurde daher erstmals eine genaue Übersicht über die einzelnen Entstehungsetappen des Textes vorgenommen. Im Fall der Autobiographie von Kokoschka führte der Blick auf den Entstehungskontext zu wichtigen Erkenntnis- punkten: Einerseits erklärt der Hintergrund des Textes in seiner Mischform von Er- zählung, Interview und Überarbeitungen die teils mangelnde Stringenz des autobio- graphischen Blicks, andererseits zeigte sich im Fall der Kokoschka-Autobiographie besonders deutlich, welche Tücken auto/biographisches Erinnern in Hinblick auf eine von der Leserin/dem Leser erwartete Faktizität aufweisen kann. Wurde schon bislang – nicht zuletzt von Kokoschka selbst – darauf hingewiesen, dass seine Erin- nerungen nicht immer „faktengetreu“ sind, ist dazu noch Folgendes zu ergänzen: Es ist auch den in der Gedächtnis- und Erinnerungsforschung beschriebenen Pro- zessabläufen des Erinnerns – und somit nicht nur Kokoschkas bewusstem „Jonglie- ren“ mit Daten – zuzuschreiben, dass es durch wiederholtes Erzählen oder zusätz- lich erfahrenes Wissen um Ereignisse zu stark überformten Erinnerungen kommt. Autobiographische Erinnerungen sollten daher in Bezug auf Fakten keinesfalls als „Steinbrüche“ für biographische Daten und Fakten benutzt werden, umso mehr Aufschluss geben sie aber über die standort- und zeitabhängige Reflexion des Autors über sich und sein Leben. In Hinblick auf die eingangs reflektierte Frage, ob sich auto/biographische Dar- stellungen von KünstlerInnen – im Sinne der Doppeldeutigkeit des Begriffs gráphein (γράφειν) für schreiben und zeichnen – durch eine besondere „Bildsprache“ aus- zeichnen, kann keine allgemeingültige Antwort gegeben werden. Die „klassischen“ Autobiographien von Kubin und Kokoschka sind jedenfalls in ein zeittypisches Au- tobiographiemodell eingeschrieben, das formal keine Abweichungen aufweist. Dass KünstlerInnen aber zweifellos spezielle Formen auto/biographischer Bespiegelung offenstehen, zeigen nicht zuletzt Erika Giovanna Kliens „Klessheimer Sendboten“. Ebenfalls kann resümiert werden, dass sich im Falle aller fünf ProtagonistInnen im Blick auf ihre schriftlichen Zeugnisse eine auffällige literarische Begabung zeigte. Obwohl nicht ursprüngliches Kriterium für die Auswahl kann man bei allen in die- ser Studie auftretenden KünstlerInnen von Doppelbegabungen sprechen. Während Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Titel
Zeitwesen
Untertitel
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Autor
Birgit Kirchmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
468
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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