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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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Die versuchte Einflussnahme der österreichischen auf die bundesdeutschen Bur-
schenschaften vollzog sich ab 1971 im Rahmen der DB und bis dahin v. a. im Rahmen
der verschiedenen Kontaktforen zwischen dieser und der DBÖ42 und hatte verbin-
dungsstudentische Fragen ( etwa jene der Pflichtmensur oder der Aufnahmekriterien für
Neumitglieder ) ebenso zum Gegenstand wie politisch-ideologische im engeren Sinn.
Während sich innerhalb der DBÖ in beiderlei Hinsicht kaum gröbere Differenzen in
der Auslegung der burschenschaftlichen Überlieferung ergaben ( vgl. Abschnitt III.4 ),
orteten die Österreicher in der Bundesrepublik grobe Verfälschungen derselben. Der
missionarische Eifer , mit dem sie zu deren Korrektur antraten , blieb nicht unbemerkt.
Vom „stellenweise vorhandenen Sendungsbewußtsein“, mit dem die Österreicher „die
Burschenschaften in der Bundesrepublik auf die politischen Ziele der DBÖ festzule-
gen“ versuchten , berichtet ein DB-interner Diskussionsbeitrag zweier Bonner Aleman-
nen von 1960.43 Entsprechende Absichten wurden von österreichischer Seite auch gar
nicht bestritten : Die Befürchtung , „daß wir der DB eine politische Linie aufzwingen
wollen“, treffe in der „Zentralfrage“
– ob nämlich die Burschenschaften „gesamtdeutsch“
orientiert blieben und der deutsche Charakter Österreichs gewahrt werden könnte –
„durchaus zu“, sei diese doch für „unsere Existenz als Teil des gesamtdeutschen Volkes“
und „für unsere burschenschaftliche Daseinsberechtigung“ von vitaler Bedeutung.44 Der
Zusammenschluss aller Burschenschaften in einem Verband45 und die politisch-ideolo-
gische Formierung desselben sollte die Burschenschaften erst zu einer politisch relevan-
ten Kraft machen.46 Die über Jahrzehnte in dieses Ziel investierten zeitlichen , finanzi-
ellen , personellen und intellektuellen Ressourcen standen freilich nicht zur Verfügung ,
um tatsächlich nach außen hin politisch wirksam zu werden.
gen die Einführung einer Regelstudienzeit in Deutschland , welche
– wie in der Diskussion argumentiert
wurde
– „ein Tätigwerden auf politischem und gesellschaftlichem Gebiet in weitem Maße aus( schließt )“
( BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage [ a ], Niederschrift des DB-Burschentages 1974 , 14 ). Aus demselben
Grund sollten sich Burschenschaften Jahrzehnte später auch reserviert bis ablehnend zur Etablierung
der dreigliedrigen Bologna-Studienarchitektur äußern.
42 Zu erwähnen sind hier nicht zuletzt die sogenannte Verbändetagung von DB und DBÖ und deren ge-
schäftsführender Ausschuß ( GAVT ), die eine Fusion anbahnen sollten und von 1959 bis 1961 arbeiteten.
1965 wurde als Provisorium ein gemeinsamer Dachverband der beiden Verbände gegründet , als dessen
beschlussfassendes Gremium man eine jährliche Delegiertenversammlung etablierte.
43 BAK , DB 9 , C. IV.2 [ A1 ], VaB-Mitteilungen Nr. 24 / 1960 , 7 bzw. 6.
44 Karl Claus in den VaB-Mitteilungen Nr. 25 / 1961 , 8 f. ( BAK , DB 9 , C. IV.2 [ A1 ]).
45 Dieses Ziel blieb auch nach 1971 bestehen ( vgl. Aldania 1984 , 42 ), da nach wie vor viele Burschenschaf-
ten außerhalb der DB standen. Auch österreichische Bünde zögerten angesichts der von ihnen in der DB
georteten Aufweichungserscheinungen oft lange ( und teils bis heute ), sich dieser anzuschließen.
46 Vgl. dazu die Analyse des Bonner Alemannen Michael Hacker von 1991 , wonach die BG-Bünde , insbe-
sondere die österreichischen , „versuchen , ihre eigenen Möglichkeiten durch Einschaltung des bzw. Ein-
flußnahme auf den Dachverband DB zu erweitern. Die DB stellt für sie ein Mittel ihrer Politik dar.“
( Burschenschaftliche Blätter Nr. 4 / 1991 , 95 )
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619