Page - 178 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 178 essierten Öffentlichkeit vorausgesetzt , eine Außenwahrnehmung als heterogen beför- derten. Burschenschaften als ‚Kaderschmieden‘ Eine unzweifelhafte Gleichzeitigkeit von Erziehungsfunktion und -konsequenz liegt in puncto des Charakters von Burschenschaften als ‚Kaderschmieden‘ , d. h. als Her- vorbringungsstätten politischer Aktivisten und Funktionäre , vor.206 Die  – oft promi- nente  – politische Betätigung vieler Burschenschafter in Österreich ist , wie bereits ge- zeigt wurde , sowohl als Folge der burschenschaftlichen Erziehung ( aber etwa auch des langjährigen verbindungsstudentischen Beinahe-Monopols auf organisatorische Er- fassung und politische Schulung ‚freiheitlicher‘ Akademiker ) zu sehen als auch von burschenschaftlicher Seite erwünscht. Die nach außen häufig betonte parteipolitische Unabhängigkeit findet seit Gründung der FPÖ zu keinem Zeitpunkt Entsprechung im tatsächlichen Profil burschenschaftlicher Politkarrieren ( vgl. Kapitel V , v. a. dessen Abschnitt V.2 ). Die Ausstattung der Verbindungsmitglieder mit einer Reihe  – vermit- telt wie auch unmittelbar  – politikrelevanter Fähigkeiten ist somit nicht bloße Begleit- erscheinung burschenschaftlicher Sozialisation , sondern durchaus als Ergebnis geziel- ten Erziehungshandelns zu sehen. Ob das Individuum tatsächlich eine politische Laufbahn ergreift , vermag freilich nicht die Korporation zu entscheiden.207 Grundsätzlich ist burschenschaftliche Erzie- hung auch keineswegs strikt auf eine parteipolitische Tätigkeit ausgerichtet. Dem Er- ziehungsziel , „aktiv mitreden ( zu ) können , wenn es darum geht , unsere Ideen zu ver- treten und mitzugestalten“, sowie der Erwartung , sich „in den Dienst des nationalen und freiheitlichen Gedankens“ zu stellen208 , soll der Burschenschafter am Mensatisch ebenso gerecht werden können wie im Plenum des Nationalrats. Die durch burschen- schaftliche Erziehung vermittelten Eigenschaften und Fertigkeiten erweisen sich nicht nur in politischen Ämtern im engeren Sinn als nützlich ( vgl. zu entsprechenden Be- 206 Einblicke in die Geschichte dieser Funktion liefert Stimmer. Er weist die Herkunft aus dem Milieu der ‚deutschnationalen Korporationen‘ als ( neben Männlichkeit und universitärer Ausbildung ) mit Ab- stand wichtigstes soziologisches Merkmal jedenfalls der höheren Funktionäre deutschnationaler Par- teien in der Monarchie und der Ersten Republik aus ( vgl. Stimmer 1997., Band II , 656 ; vgl. weiters v. a. ebd., 921 f., 1061 , 1063 und 1067 ). 207 Vgl. hierzu die Darstellung des Burschenschafter-Politikers Steiner , dem zufolge Burschenschaften seit jeher Politiker nicht durch „Befehle oder Weisungen“ geformt , sondern sie im wechselseitigen Ein- wirken von Kollektiv und Individuum aufeinander hervorgebracht hätten ( Steiner 1974 , 10 ; vgl. auch ebd., 15 ). 208 Nachrichten der Burschenschaft Vandalia , Wintersemester 1962/63 , 7 bzw. Günther Berkas ‚Libertenspie- gel‘ , zit. in Libertas 1967 , 91.