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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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ständigen , undogmatischen Denkens ( vgl. Abschnitt III.3 , v. a. Unterabschnitt III.3.1 ).
Ihr zentraler Inhalt bestand in der Verpflichtung auf die „Verantwortung jedes einzel-
nen gegenüber dem Volksganzen“.815 Dieser Verantwortung gerecht zu werden , bedeu-
tete wiederum zu dienen. Nach Berkas Auffassung konstituieren „das Bekenntnis zum
deutschen Volkstum und die Erziehung zum Dienste an diesem“ geradezu das „Wesen
einer Burschenschaft“.816 Der Dienst wiederum erfordert die Zurückstellung des ei-
genen Ich bzw. dessen Aufgehen im völkischen Kollektiv , wie Berka an anderer Stelle
ausführt : Die „Aufgabe der Burschenschaft“ bestehe in der Heranbildung von Män-
nern , „die ( … ) den Sinn ihres Lebens im Dienste am deutschen Volke erblicken“.817
Burschenschaftliche Erziehung als „harte( ) Erziehung junger Männer“ habe diesen die
Bereitschaft zu vermitteln , „für ihre Ideale auch opferbereit einzustehen“.818
Um diesen Erziehungszielen gerecht zu werden , beansprucht der Bund umfassen-
den und
– wie in Abschnitt III.3.1 aufgezeigt wurde
– letztlich lebenslangen Zugriff auf
den Einzelnen. Am offensten formulierte diesen Anspruch Vandalia ( als Vindomina )
in ihren Satzungen zur Wiederbegründung nach dem Zweiten Weltkrieg , indem sie
die „Einflussnahme auf alle Angelegenheiten , welche die Lebensführung der Mitglie-
der berühren“, als Teil des Vereinszweckes anführte.819 Das Ostdeutsche Kartell erörterte
in diesem Sinne 1964 unter Beteiligung Teutonias Vorgaben an die einzelnen Mitglie-
der bezüglich zulässiger Parteimitgliedschaften. Man gelangte zu dem Ergebnis , dass
„die parteipolitische Tätigkeit so lange grundsätzlich als zulässig angesehen werde , als
sie mit den burschenschaftlichen Grundsätzen vereinbar sei“.820 Auf DB-Burschen-
tagen war wiederum die Bekleidung der Burschenschafter in den 1970er-Jahren Dau-
erthema. Als der Ausschuss für burschenschaftliche Arbeit der DB schließlich 1977 eine
Regelung vorschlug , wonach künftig jeder Teilnehmer von „offiziellen“ Verbandsveran-
staltungen verpflichtend eine Anzug-Kombination zu tragen habe , legte der Rechts-
ausschuss ( RA ) dagegen Einspruch ein : nicht etwa weil dadurch in die Entscheidungs-
freiheit des einzelnen Burschenschafters bei der Wahl seiner Garderobe eingegriffen
werde , sondern aufgrund eines „elementaren Eingriff( es ) in die Autonomie des Ein-
815 AVSt , Deutsche Burschenschaft 1961 , 11.
816 Paraphrasiert in Libertas 1967 , 109. Vgl. hierzu auch das entsprechende Bekenntnis der DB : Die Bur-
schenschaft wolle „ihre Mitglieder zu Personen ( … ) erziehen , die später im Dienst am deutschen Volk
wirken sollen“ ( AVSt , Deutsche Burschenschaft 1961 , 11 ; vgl. auch ebd., 14 ).
817 Berka in den Burschenschaftlichen Blättern Nr. 1 / 1957 , 11.
818 Berka , paraphrasiert in einem Nachruf aus dem Eckartboten , dieser zit. n. Libertas 1967 , 361.
819 Zit. n. AUW , S 259.49 , Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien an den Rektor der Universität Wien
vom 23. 1. 1952 , 1.
820 Teutonia 1968 , 108. Derartige Bestimmungen waren auch in der Zwischenkriegszeit in Kraft gewesen.
Sie hatten die meisten Parteien , darunter die Christlichsozialen , ausgeschlossen ( vgl. Stimmer 1997 ,
Band I , 502 ) und somit „eine weitgehende Einschränkung der politischen Wahl- und Aktionsfreiheit
der Einzelmitglieder“ bedeutet ( ebd., 507 ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619