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IV. Praxis burschenschaftlicher Politik
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Zur Zeit selbst wollte wiederum „( k )onservative( n ) Querdenker( n )“ ermöglichen ,
„( a )m Diskurs teil( zu )haben“: „ ‚Alles , was klug und nicht links ist‘ , sollte in der ZZ
Platz haben“, wobei Mölzer als Grundkonsens die Gegnerschaft zu „political correc-
tness , gegen das Prinzip Heuchelei und gegen den linken Tugendterror“ vorgab.214
Die Zusammenführung von Katholisch- und Völkisch-Konservativen sollte zum einen
zwischen den konkreten Protagonisten , zum anderen zwischen den durch sie reprä-
sentierten Lagern und schließlich auf gesamtgesellschaftlicher Ebene die Stimmung
für ‚bürgerliche Mehrheiten‘ vorbereiten , die sodann auch ( partei-)politisch einlösbar
sein würden. Auch wenn diese strategische Ausrichtung auf den Corpsier Mölzer zu-
rückgeht , waren es vor allem Burschenschafter , die bei der Gründung der Wochenzei-
tung Pate standen. Vier der fünf neben Mölzer maßgeblichen Personen ( bzw. Anteils-
eigner der die Zeitung herausgebenden W3-Verlagsgesellschaft ) waren Burschenschafter :
der Teutone Walter Tributsch , die Sueven Joachim Kappel und Herbert Fleissner so-
wie Wolfgang Dvorak-Stocker , Germania Salzburg. Zahlreiche Burschenschafter fin-
den sich seit Beginn auch unter den Autoren.
Jenseits von Zeitschriftenprojekten nutzten Burschenschafter in bzw. aus Österreich
das rechte bis rechtsextreme Verlagswesen im deutschsprachigen Raum – und spiel-
ten darin selbst eine nicht unwesentliche Rolle. Zu nennen sind insbesondere die Zur
Zeit-Finanziers Fleissner und Dvorak-Stocker. Ersterer baute ab den 1950er-Jahren eine
der größten Verlagsgruppen Deutschlands auf. Zu ihr gehört u. a. der Langen-Müller-
Verlag , in dem ab Ende der 1970er-Jahre auch auf DB-Seminaren basierende Bände er-
schienen , darunter u. a. ein Werk von Henning Eichberg , eines maßgeblichen ‚Neurech-
ten‘ der nationalrevolutionären Richtung.215 Der seit 1995 von Dvorak-Stocker geleitete
Leopold Stocker Verlag erfüllt
– gemeinsam mit dem ebenfalls in Graz angesiedelten Aula-
Verlag – seit den 1950er-Jahren eine integrative Funktion für den Rechtsextremismus
in Österreich.216 Seit 2004 ist der in dieser Hinsicht bedeutsame Teil des Verlagspro-
gramms in einen eigenen Ares-Verlag ausgelagert , darunter auch die von Dvorak-
Stocker
selbst herausgegebene Quartalszeitschrift Neue Ordnung , die vom DÖW ursprüng-
war in Inhalt und Stil allerdings eindeutig als neonazistisch einzustufen ( vgl. Bailer/Neugebauer 1993a ,
136 f. und Lasek 1993 , 438 f. ).
214 Die Zitate entstammen der ZZ-Selbstdarstellung auf http://www.zurzeit.at/index.php?id=7. Vgl. zur
ZZ kritisch Schiedel 2001 sowie Kogler 2005 und Fischer 2009. Der Name Zur Zeit verweist auf Möl-
zers Tätigkeit bei der Aula zurück , die in seiner Schriftleiter-Ära den Untertitel „Stimmen zur Zeit“
trug.
215 Vgl. PBW , internes Rundschreiben des Altherrenverbandes von Germania Innsbruck vom 25. 5. 1978 , 7 f.
und BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage ( a ), Arbeitsunterlagen zum DB-Burschentag 1978 , 13. Zu Fleissner
allgemein vgl. Sarkowicz 1994.
216 Vgl. zum Stocker-Verlag Drack 2008 , 81–146 und http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-
von-ganz-rechts/Archiv/August2004/neue-ordnung-feiert-antisemiten/stellungnahme-des- doew-zum-
leopold-stocker-verlag.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619