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IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn
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Protestkundgebung der konservativ dominierten ÖH gegen die Wiener ‚Weltfestspiele
der Jugend und Studenten‘ im Februar 1959.265 Diese Konfrontationen erfolgten jedoch
–
wie etwa auch im Fall Borodajkewycz – strikt anlassbezogen. Erst mit dem Aufkom-
men der Studierendenbewegung erwuchs dem Antikommunismus hohe Priorität im
burschenschaftlichen Alltagsgeschäft. Damit erhöhte sich auch die Frequenz der offe-
nen , teilweise physisch ausgetragenen Auseinandersetzungen. „Der Aufbruch der Linken
manifestierte sich an der Wiener Universität mit Hörsaalschlachten , worauf die Wiener
Bünde mit der Bildung eines Selbstschutzes reagierten : Ab nun betreute Hartmut Ro-
chowanski die ‚Sportriege‘ des WKR“, hält die Chronik der Oberösterreicher Germanen
für das Sommersemester 1968 fest.266 Im Zuge der Rektors-Inauguration an der Uni-
versität Wien 1968 beförderten Korporierte linke Protestierende aus dem Großen Fest-
saal. Am 30. Mai 1968 stürmten RFS-Aktivisten unter dem Schlachtruf „Kommunis-
ten raus !“ einen von Linken besetzten Hörsaal. Die Demonstration gegen Schah Reza
Pahlavi am 22. Jänner 1969 wiederum nutzten RFS-Sympathisanten und Korporierte ,
um demonstrativ ihre Unterstützung für die Polizei in deren Vorgehen gegen Linke
kundzutun.267 Im Sommersemester 1970 sprengten RFS-Leute eine Vollversammlung
der Wiener Institutsvertreterkonferenz und besiegelten damit das Ende dieses basisdemo-
kratischen Experiments.268 Wohl nicht zuletzt diese Taten veranlassten den RFS 1971
zu der Wahrnehmung , den „revolutionären Durchbruchsversuch“ der Linken „in zwei-
jährigen aufreibenden Auseinandersetzungen“ gestoppt zu haben.269
Die Hochschullinke ging ihrerseits gegen Veranstaltungen der Rechten vor , wie
im Fall eines Vortrags von Otto Habsburg für den RFS ( als gleichsam dessen Beitrag
zum Mai ’68 )270 oder der gleich zweimal mit Abbruch endenden ÖB-Veranstaltung
mit Otto Scrinzi 1972. Ab März 1968 waren auch Einheiten der neu gegründeten NDP
an den Auseinandersetzungen beteiligt bzw. lösten den RFS darin teilweise ab.271 Jen-
seits wechselseitiger Veranstaltungssprengungen bzw. entsprechender Versuche führ-
265 Vgl. Libertas 1967 , 140 f.
266 Oberösterreicher Germanen 1994 , 15. Vgl. zu solchen ‚Zusammenstößen‘ auch ebd., 17.
267 Vgl. Keller 1983 , 81 f. bzw. 77 bzw. 84 f. Im Zuge der Proteste gegen den Schah wurde auch der ‚Sieg-
friedskopf‘ in der Universitätsaula von Linken mit Kot beschmiert ( vgl. ebd., 84 )
– eine Aktion , die am
20. 6. 1969 eine Wiederholung fand ( vgl. ebd., 150 ). Vgl. generell zu Konfrontationen zwischen RFS und
Linken ebd., 76–79.
268 Vgl. Fischer-Kowalski 1977 , 606 ; Foltin 2004 , 73 f. ; Keller 1983 , 107. Notierenswert ist dabei , dass der
RFS selbst für mehr Mitbestimmung auf den unteren Ebenen der studentischen Selbstverwaltung ein-
trat , also für eben jenes Ziel , das die IVK zu verwirklichen suchte. Diese wurde offenbar als zu links-
orientiert wahrgenommen. Zur Gründung eines eigenen Aktionskomitees Institutsvertretung durch den
RFS vgl. Keller 1983 , 76.
269 Der Ring Nr. 1 / 1971 , 11.
270 Vgl. Keller 1983 , 76.
271 Vgl. ebd., 65 , 113 und 151. Ab 1977 schließlich führte die Aktion Neue Rechte ( ANR ), die unter der Parole
‚Tod den Kommunisten‘ auftrat , zahlreiche militante Aktionen gegen Linke durch ( vgl. DÖW 1981 , 49 ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619