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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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bis 1983 ) konstant 100 Prozent betrug. Als erste Frau auf freiheitlichem Ticket zog Helene
Partik-Pablé 1983 in den Nationalrat ein. Während der 1986 einsetzenden Phase konse-
kutiver Mandatszuwächse unter Haider oszillierte der Männeranteil stets um 80 Pro-
zent , unter Strache stieg er zunächst rasant ( 2006 bis 2008 ) an , um sich mit den folgen-
den Mandatsgewinnen wieder den Werten der Haider-Ära anzunähern. Klammert man
die innerhalb einer Gesetzgebungsperiode nur zeitweilig im Amt befindlichen Manda-
tarInnen aus , so erreichte die FPÖ ihren mit Abstand höchsten Frauenanteil von exakt
einem Drittel ( vier von zwölf Abgeordneten ) allerdings nicht in Zeiten von Rekord-
gewinnen , sondern just in Gefolge der absolut wie relativ größten Stimmverluste ihrer
Geschichte ( 2002 )
– als auf Seriosität und konstruktive Politik bedachte Regierungspartei.
Umso drastischer fällt in dieser Berechnung der Rückbruch unter Strache aus : Von einer
Legislaturperiode auf die andere stieg der Männeranteil – wohlgemerkt : bei Mandats-
zuwächsen
– von 66,7 auf 94,7 Prozent ( acht von zwölf bzw. 18 von 19 MandatarInnen ).
Wie ein Abgleich mit den Werten für den Nationalrat insgesamt ( alle Parteien )
zeigt22 , waren die VdU-/FPÖ-Klubs über einen Großteil des Untersuchungszeitraums
überdurchschnittlich stark männlich und akademisch geprägt. Der Frauenanteil lag
jahrzehntelang unter dem Nationalratsschnitt und übertraf diesen im Gefolge der ers-
ten Wahl unter Haider ( 1986 ) erst- wie auch bislang letztmals. In den beiden folgenden
Legislaturperioden bewegte der FPÖ-Klub sich in etwa im parlamentarischen Mittel ,
seither hat sich der Abstand wieder vergrößert. 2006
– in der ersten Legislaturperiode
unter Strache – erreichte er ein Rekordniveau : Einem Frauenanteil von 9,5 Prozent in
der FPÖ-Fraktion ( zum Zeitpunkt der konstituierenden Sitzung ) stand ein bisheriger
Höchststand für den Nationalrat von 33,9 Prozent gegenüber.
Bei den AkademikerInnen ergibt sich ein umgekehrtes Bild : Hier wies die FPÖ ( wie
zuvor der VdU in zwei Perioden ) jahrzehntelang überdurchschnittliche Werte auf , be-
vor der Anteil in den 1990er-Jahren zunächst zweimal fast exakt im Nationalratsschnitt
zu liegen kam und schließlich nach dem bislang größten freiheitlichen Wahlerfolg 1999
erstmals erkennbar darunter sank. Seither ist eine uneinheitliche Entwicklung feststell-
bar , zumal der AkademikerInnenanteil in den freiheitlichen Klubs mit Werten zwischen
35 Prozent ( 2013 ) und 83,3 Prozent ( 1956 ) vergleichsweise großen Schwankungen über
die Zeit unterworfen war. Augenfällig ist die negative Korrelation mit der Fraktions-
größe : Immer wenn der blaue Mandatsanteil die Zehn-Prozent-Marke unterschritt ,
lag der AkademikerInnenanteil bei mindestens 50 Prozent. Umgekehrt wies der FPÖ-
keine aussagekräftige Zeitreihe erstellen. Im Vergleich der beiden WdU-Klubs entlang der bereits vor-
gestellten Merkmale stechen keine besonderen Auffälligkeiten ins Auge.
22 Die entsprechenden Angaben sind der Parlamentswebsite ( http://www.parlament.gv.at/SERV/STAT/
PERSSTAT ) entnommen. Ungeachtet der fehlenden Angaben zu den verwendeten Definitionen und
Auswahlkriterien ist eine zumindest näherungsweise Vergleichbarkeit mit den von mir erhobenen Zah-
len fraglos gegeben.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619