Page - 456 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

V. Burschenschaften und politische Parteien 456 zu jener Zeit , in der Haider auch rhetorisch etwas auf Distanz zum völkischen Ver- bindungswesen und zentralen Glaubenssätzen desselben ging ( vgl. Abschnitt V.3.2 ).26 Mindestens ebenso sehr wie Haiders Kurswechsel dürfte freilich der Stärkezuwachs der Partei in dieser Zeit als Erklärungsfaktor zu veranschlagen sein. Das folgende Diagramm stellt die bislang referierten Kennzahlen im Zeitverlauf dar und stellt sie dem Anteil des WdU bzw. der FPÖ an den insgesamt zu vergebenden Natio nalratsmandaten ( als Maßzahl für die parlamentarische Stärke der Parteien27 ) gegenüber. Während die Zeit bis 1983 aufgrund der geringen Fraktionsgrößen vermin- derte Aussagekraft besitzt , veranschaulicht v. a. der Verlauf der Graphen ab 1986 die tendenzielle Korrelation von wachsenden Klubs einerseits und sinkendem Männer- , AkademikerInnen- und Korporiertenanteil andererseits. Grafik 2 : WdU-/FPÖ-Nationalratsklubs im Zeitverlauf , alle MandatarInnen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Männeranteil AkademikerInnenanteil Korporiertenanteil (akad.) Burschenschafteranteil WdU-/FPÖ-Mandatsanteil Was den Anteil von Korporierten an den FPÖ-Kadern mit Hochschulabschluss be- trifft , tendiert die FPÖ-kritische Publizistik zur Überschätzung. Dies legt zumindest der Befund für die Nationalratsklubs nahe : In der Hälfte der Legislaturperioden seit 26 Hatte der Burschenschafteranteil nach den ersten beiden Nationalratswahlen unter Haider 13 bzw. 11,9 Prozent betragen , sank er nach den Wahlen 1994 auf 6,5 Prozent und verblieb nach den beiden letzten Urnengängen unter Haider auf ähnlichem Niveau ( 1996 ff. : 5,4 % , 1999 ff. : 6,3 % ). 27 Zu berücksichtigen ist dabei die erstmals bei den Wahlen 1971 wirksam werdende Kreisky’sche Wahl- rechtsreform. Diese erhöhte u. a. die Zahl der zu vergebenden Mandate von 165 auf 183 , veränderte die Wahlkreiseinteilung und vereinheitlichte die nötigen Stimmen für ein Grundmandat , was mancherorts Kleinparteien ( und zunächst v. a. die FPÖ ) potenziell begünstigte.