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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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ligen NSDAP-Gauhauptamts- und Gauschulungsleiter Friedrich Mang ( Germania
Innsbruck , FPÖ-Gemeinderat in Innsbruck von 1962 bis 1965 )42 oder Michael Passer
( Suevia Innsbruck , um 1990 kurzzeitig Vizebürgermeister von Innsbruck ); eine Do-
minanz und offenkundige Seilschaftenbildung wie etwa in Wien ist jedoch nicht zu
erkennen. Regionale Unterschiede wie diese kommen auch in den folgenden Detailer-
hebungen immer wieder zum Vorschein.
Die Landesparteiobleute
Im VdU43 hatten über die Jahre insgesamt 21 ( durchwegs männliche ) Personen eine
Landesparteivorsitzenden-Funktion inne. Darunter befanden sich mit Wilhelm Kindl
( Niederösterreich , pennal-conservative Burschenschaft Teutonia Wien ), Otto Scrinzi
( Kärnten/Koroška , VDSt Innsbruck ) und dem akademischen Burschenschafter Fritz
Stüber ( Wien ) drei Korporierte , wobei Kindl mit rund drei Jahren Amtszeit der längst-
dienende Alte Herr in dieser Funktion blieb. Für die FPÖ44 ergeben sich , wie be-
reits angedeutet , von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedliche Befunde. Ein
einheitliches Profil liefert einzig die Kategorie Geschlecht : Von 78 Landespartei-
obleuten zwischen der Parteigründung 1956 und Juli 2014 war mit Barbara Rosen-
kranz ( Niederösterreich , 2003 bis 2013 ) eine einzige weiblich , was einem Frauenan-
teil von 1,3 Prozent entspricht.45 Die AkademikerInnenquote befindet sich mit 52,6
Prozent leicht über dem Niveau des Nationalrats. Deutlich höher als dort fällt hin-
gegen der Korporiertenanteil von gut einem Drittel ( 34,6 % ) aus. Unter den Landes-
parteiobleuten mit akademischem Titel ( ausschließlich Männer ) beträgt er sogar 56,1
Prozent. Der Anteil akademischer Burschenschafter an den Landeschefs insgesamt
ist beträchtlich höher als jener an den Nationalratsabgeordneten ( 16,7 % gegenüber
9,3 % ). Fast jeder zweite korporierte Landesobmann ( 13 von 27 ), aber nur jeder dritte
korporierte Nationalratsabgeordnete gehörte einer solchen Burschenschaft an. Es
lässt sich somit festhalten , dass völkische Korporierte im Allgemeinen wie auch aka-
42 Vgl. zu Mangs politischer Biographie Dvorak 2000 ( Biographisches Lexikon I/4 ), 21 f.
43 Vgl. hierzu erneut Höbelt 1999 , 279.
44 Die Angaben zu den freiheitlichen Landesobleuten basieren wesentlich auf Piringer 1982 , 329 f. und FPÖ
1991 , 141 ( ergänzt und korrigiert u. a. durch die Piringer-Chronologien und Grillmayer 2006 ). Mehr-
fach-Amtsinhaber wurden für die Berechnung nur einfach gezählt , auch wenn ihre Funktionsperioden
nicht direkt aneinander anschlossen. Amtierte neben dem formellen Obmann ein zweiter in geschäfts-
führender Funktion , wurde ersterer als Amtsinhaber gewertet. Phasen interimistischer Leitung durch ei-
nen geschäftsführenden Obmann nach Abtritt eines früheren , regulären wurden dagegen für den Inte-
rimsobmann verbucht.
45 Rosenkranz ist inzwischen selbst Mitglied einer Damenverbindung , wurde aber
– analog zur Vorgehens-
weise für den Nationalrat – hier nicht in dieser Eigenschaft berücksichtigt , da sie die Position der Ob-
frau als Nichtkorporierte antrat.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619