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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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von Korporierten und insbesondere Burschenschaftern an hochrangigen freiheitlichen
FunktiontsträgerInnen gilt Grillmayer zufolge spätestens seit den 1970er-Jahren als
„freiheitliches Musterland“, das bei der Übergabe von Peter auf Götz rund ein Drittel
der Parteimitglieder beheimatet habe.53 Luther weist für die oberösterreichische Lan-
desgruppe für 1986 und 2000 zwar jeweils nur rund ein Viertel der FPÖ-Gesamtmit-
gliederzahl aus , in beiden Fällen reicht dies jedoch klar für Rang eins in der Liste der
mitgliederstärksten Landesparteien.54
Der Wiener Landtag und Gemeinderat (gesamt)55
Im personalidenten Wiener Landtag und Gemeinderat ( fortan schlicht Landtag ) war
der VdU nur in einer Legislaturperiode – von 1949 bis 1954 – vertreten. Die sechs
Mandate wurden von sieben verschiedenen Personen eingenommen , von denen sechs
Männer und zwei Akademiker waren. Kein einziger Korporierter befand sich darun-
ter , sieht man von dem erst im Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag der
Wiener Moldavia beigetretenen Karl Wicha ab. Für die FPÖ ergeben sich in der Ge-
samtsicht ( N = 87 )56 bemerkenswerte Abweichungen von den Werten des Nationalrats.
Der Männeranteil liegt mit 80,5 Prozent zwar in einem ähnlichen Bereich , der Kor-
poriertenanteil mit 33,3 gegenüber 27,9 Prozent jedoch signifikant höher ; dies , obwohl
gleichzeitig der allgemeine AkademikerInnenanteil deutlich niedriger ausfällt ( 33,3 %
zu 44,1 % ). Dementsprechend hohe Werte erreichen die freiheitlichen Landtagsklubs
auch für die weiteren Korporierungsquotienten : 41,4 Prozent ihrer männlichen Mit-
glieder im Untersuchungszeitraum , 55,2 Prozent der AkademikerInnen und 61,5 Pro-
zent der Akademiker waren korporiert.
Verantwortlich für diese Zahlen sind nicht zuletzt die im Vergleich mit allen ande-
ren untersuchten Betätigungsfeldern ( Nationalrat , Bundesregierung , Landesparteien )
53 Grillmayer 2006 , 151.
54 Vgl. Luther 2001 , 18 f.
55 Die Datengrundlage für die folgenden Berechnungen bildeten die Auflistungen in Rauchenberger 1994 ,
298–528 ( bzw. präziser : 313–315 , 330–332 , 352–354 , 381–383 , 408–410 , 425–427 , 459–461 , 479–481 und 526–528 ),
im Bedarfsfall ergänzt durch Landtagsprotokolle ( http://www.wien.gv.at/mdb/ltg ) und diverse Ausga-
ben des Österreichischen Amtskalenders.
56 Erfasst wurden hierbei ( analog zu den Vergleichswerten für den Nationalrat ) alle je von der FPÖ in den
Wiener Landtag entsandten Personen ungeachtet der Dauer ihres Verbleibs ebendort. Dies gilt auch für
Angaben zu einzelnen Legislaturperioden und schließt jene Personen , die ihr Mandat bereits in der kon-
stituierenden Sitzung aufgrund ihrer Bestellung zu StadträtInnen zurücklegten , ebenso mit ein wie jene ,
die für diese in den Landtag nachrückten. Diese Vorgehensweise erscheint insofern angemessen , als für
die Mitglieder der Stadtregierung schon aufgrund ihrer geringen Zahl keine gesonderten Berechnungen
angestellt wurden. Auch ist festzuhalten , dass die Personalfluktuation im freiheitlichen Wiener Land-
tagsklub in Summe deutlich geringer ausfiel als jene unter freiheitlichen Nationalratsabgeordneten.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619